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Christina Morina gewinnt den Deutschen Sachbuchpreis 2024

Christina Morina gewinnt den Deutschen Sachbuchpreis 2024

Deutschlands Sachbuch des Jahres 2024 heißt „Tausend Aufbrüche – Die Deutschen und ihre Demokratie seit den 1980er Jahren“. In dem Buch analysiert Historikerin Christina Morina unterschiedliche Auffassungen von Demokratie in Ost- und Westdeutschland seit den Wendejahren bis heute. Damit gebe sie „überraschende und notwendige Impulse für die aktuellen gesellschaftlichen Diskussionen“, so die Begründung der Jury. Hier findest du die wichtigsten Infos über den Preis und die diesjährige Verleihung.

Christina Morina - Gewinnerin des Deutschen Sachbuchpreises 2024

Christina Morina, geboren 1976 in Frankfurt (Oder) und ausgebildet an den Universitäten von Leipzig, Ohio und Maryland, arbeitet als Autorin, Historikerin und Hochschulprofessorin für Geschichte an der Universität Bielefeld. 2017 erschien ihre gefeierte Marx-Analyse „Die Erfindung des Marxismus“. 2019 setzte sie in dem Sammelband „Zur rechten Zeit“ gemeinsam mit drei Co-Schreibenden ein viel beachtetes Zeichen „Wider die Rückkehr des Nationalismus“. Dass Morina beim Deutschen Sachbuchpreis 2024 die Siegerurkunde für „Tausend Aufbrüche“ entgegennehmen konnte, begründete die Jury so:

„Ihre methodisch raffinierte und augenöffnende zeitgeschichtliche Analyse auf der Grundlage von Briefen, Petitionen und Flugblättern gibt Bürger*innen der DDR und der BRD eine Stimme.“

Bei der Preisverleihung zollte Christina Morina in einer kurzen Dankesrede zuallererst ihrem Elternhaus Tribut, das ihr den „Kompass“ gegeben habe, um das Buch schreiben zu können. Weiterhin dankte sie ihrer eigenen Familie, ihren Studierenden, mit denen sie sich stets über die Themen des Buches habe austauschen können, sowie den Mitarbeitenden im Siedler Verlag, wo „Tausend Aufbrüche“ erschienen ist.

Nominierungen für den Deutschen Sachbuchpreis 2024

Die Liste der Nominierungen des Jahrgangs 2024 trug die programmatische Überschrift „Sachbücher zu Fragen und Debatten unserer Zeit“. Dementsprechend breit gefächert waren die Themen auf der Nominierten-Liste. Mit Moshe Zimmermanns „Niemals Frieden?“ war ein hochaktueller Titel über Krieg und Frieden im Nahen Osten dabei, Sebastian Conrad legte mit „Die Königin“ eine faszinierende Analyse über die Wirkungsmacht der ägyptischen Ikone Nofretete vor, Marcus Willascheck mit „Kant: Die Revolution des Denkens“ eine umfassende Einordnung von Leben und Schaffen von Philosophen-Legende Immanuel Kant.

Einen thematischen Schwerpunkt bildeten derweil differenzierte Betrachtungen von deutscher Geschichte und Gegenwart, die auch das Sachbuch des Jahres auszeichnen. So entzauberte Ruth Hoffmann in „Das deutsche Alibi“, den „Mythos ‚Stauffenberg-Attentat‘“ und Frauke Rostalski deutete in „Die vulnerable Gesellschaft“ die „neue Verletzlichkeit als Herausforderung der Freiheit“.

Als Hörbücher sind bis jetzt nur zwei nominierte Titel erhältlich, die jeweils umweltpolitische Themen und deren historische Hintergründe verhandeln. Jens Beckerts Verkaufte Zukunft war im Frühjahr bereits für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert.

Verkaufte Zukunft

Wo Jens Beckert die tückischen, aber unauflösbaren Zusammenhänge von Kapitalismus und Klimawandel aufzeigt, ging Historiker Roman Köster beim Sachbuchpreis mit einer umfassenden Kulturgeschichte der Abfallwirtschaft an den Start.

Müll

Kösters „schmutzige Geschichte der Menschheit“ mit dem plakativen Titel Müll und spannt den Bogen vom Wegwerfverhalten der Neandertaler bis zum dubiosen Müllhandel der hyperzivilisierten Gegenwart.

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Die Nominierungen auf einen Blick

Name

Nominiertes Buch

Erscheinungsdatum

Christina Morina

Tausend Aufbrüche – Die Deutschen und ihre Demokratie seit den 1980er Jahren (Gewonnen)

September 2023

Jens Beckert

Verkaufte Zukunft

März 2024

Sebastian Conrad

Die Königin – Nofretetes globale Karriere

Februar 2024

Ruth Hoffmann

Das deutsche Alibi: Mythos „Stauffenberg-Attentat“

April 2024

Roman Köster

Müll

Oktober 2023

Frauke Rostalski

Die vulnerable Gesellschaft

März 2024

Marcus Willaschek

Kant: Die Revolution des Denkens

August 2023

Moshe Zimmermann

Niemals Frieden?: Israel am Scheideweg

Februar 2024

So wurden die Nominierten zum Deutschen Sachbuchpreis 2024 ermittelt

Von September bis November konnten eingetragene Verlage aus Deutschland, Österreich und der Schweiz jeweils maximal zwei Titel beim Börsenverein für den Deutschen Sachbuchpreis anmelden. Bedingung war ein Erscheinungstermin zwischen April 2023 und April 2024. In diesem Jahr reichten 115 Verlage insgesamt 191 Titel ein. Damit war die Zahl der Bewerbungen etwas geringer als sonst. In den Vorjahren hatte sie immer über 200 gelegen. Die Jury prüfte alle Bücher und wählte dann eine Nominierten-Liste mit acht Titeln, die sie am 23. April bekanntgab.

Die Jury für den Deutschen Sachbuchpreis 2024

Für die Berufung der Jury ist die Akademie Deutscher Sachbuchpreis zuständig, ein dem Börsenverein unterstehendes Gremium aus Fachleuten, die im Literaturwesen, den Medien, der Wissenschaft oder der Kulturpolitik arbeiten. Die Akademie besetzt die Jury jedes Jahr neu, aber auch eine mehrfache Teilnahme einzelner Mitglieder ist möglich. Die diesjährige Jury bestand aus sieben Personen, die sich im Journalismus, Buchhandel oder Museumswesen verdient gemacht haben. Einige von ihnen haben bereits selbst Bücher veröffentlicht.

Name des Jurymitglieds

Expertise

Dr. Sibylle Anderl

Astrophysikerin, Journalistin und Autorin (u. a. „Dunkle Materie: Das große Rätsel der Kosmologie“)

Prof. Dr. Julika Griem

Literaturwissenschaftlerin und Autorin (u. a. „Szenen des Lesens“)

Prof. Dr. Michael Hagner

Wissenschaftsforscher und Autor (u. a. „Foucaults Pendel und wir“)

Stefan Koldehoff

Kunsthistoriker, Journalist und Autor (u. a. „Kunst und Verbrechen“)

Michael Lemling

Germanist, Politikwissenschaftler und Buchhändler

Prof. Dr. Patricia Rahemipour

Historikerin und Vorsitzende des Berliner Museumsverbandes

Dr. Katrin Vohland

Wissenschaftlerin und Direktorin des Naturhistorischen Museums Wien

Preisgeld und Livestream

Von den 42.500 Euro Preisgeld, die die Stiftung Buchkultur für den Deutschen Sachbuchpreis auslobt, gehen nun 25.000 Euro für den Hauptpreis an Christina Morina. Der Rest wird gleichmäßig an die weiteren Nominierten verteilt. Sie bekommen jeweils 2.500 Euro. Alle, die die Preisverleihungszeremonie noch mal erleben oder nachholen wollen, können es online tun. Der Livestream von der Veranstaltung ist in voller Länge bei Youtube zu sehen.

Video

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Deutscher Sachbuchpreis: Die Hintergründe

Der Deutsche Sachbuchpreis ist noch relativ jung, aber schon jetzt Deutschlands wichtigste Auszeichnung im Bereich Sachbuch. Er wird seit 2021 jährlich von der Stiftung Buchkultur und Leseförderung vergeben. Die Stiftung gehört zum Börsenverein des Deutschen Buchhandels und verantwortet auch den Deutschen Buchpreis, der jedes Jahr zum Auftakt der Frankfurter Buchmesse den Roman des Jahres auszeichnet.

Als „Sachbuch“ definiert das Preiskomitee sowohl Biografien als auch Debattenbücher, Essaybände und wissenschaftliche Abhandlungen. Um in die engere Auswahl zu kommen, muss das jeweilige Buch Relevanz für die politische Gegenwart haben. Ziel des Sachbuchpreises ist nämlich, „herausragende Sachbücher in deutschsprachiger Originalausgabe, die Impulse für die gesellschaftliche Auseinandersetzung geben“ zu würdigen. Der Preis ist mit insgesamt 42.500 Euro dotiert.

Vorjahresauszeichnungen

Das erste Sachbuch des Jahres war 2021 die Biografie Hegels Welt von Jürgen Kaube. Das knapp 600 Seiten umfassende Epos beleuchtet Hegels Leben und Schaffen im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf die Moderne.

Hegels Welt

2022 machte dann Stefan Malinkowski mit seiner entlarvenden Familen-Analyse „Die Hohenzollern und die Nazis: Geschichte einer Kollaboration“ das Rennen. Im letzten Jahr gewann Historiker Ewald Frie mit Ein Hof und elf Geschwister, eine sehr persönliche, autobiografisch grundierte Studie über das Verschwinden bäuerlicher Strukturen aus der deutschen Gesellschaft.

Ein Hof und elf Geschwister

Die Auszeichnungen der Vorjahre lassen Rückschlüsse auf den generellen Anspruch bei der Vergabe des Deutschen Sachbuchpreises zu: Wer hier nominiert ist, muss nicht nur exakt recherchieren und ein Gespür für gesellschaftliche Debatten mitbringen, sondern auch erzählerische Kreativität beweisen. Diesem Prinzip entspricht auch die diesjährige Gewinnerin Christina Morina, indem sie in „Tausend Aufbrüche“ ihre Recherchen über gesellschaftliche Entwicklungen in Ost- und Westdeutschland zum eigenen Narrativ macht.

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