„Hier sind einige Bücher, die ich diesen Sommer lese. Schaut sie euch an und lasst mich wissen, was ich als nächstes lesen sollte.“ Mit diesen Worten veröffentlichte der ehemalige US-Präsident Barack Obama seine bereits sehnsüchtig erwartete Leseliste für 2023 unter anderem auf Instagram, aber auch auf seinem Blog. Hier hatte er sich zuletzt noch bei den „dedicated and hardworking librarians of America“, also den „engagierten und fleißigen Bibliothekaren Amerikas“, und deren Einsatz für die freie Meinungsäußerung bedankt – ein Post, den er vor dem Hintergrund des Book Bans in den USA verfasst hat.
Der Begriff „Book Ban“ bezieht sich auf die Tatsache, dass aktuell in den USA wieder mehr Bücher in Klassenzimmern und Schulbibliotheken verboten oder zensiert werden. Das berichtet unter anderem PEN America, eine 1921 in London geründete Organisation in den Vereinigten Staaten. PEN America setzt sich für die Verteidigung und Förderung der Meinungsfreiheit, des freien Schreibens und der literarischen Kultur ein. Die Mitglieder sind Dichter, Essayisten und Romanautoren.
Laut Medienberichten, unter anderem von „The Guardian“ und der „New York Times“, seien besonders häufig Werke von PoC und/oder LGBTQIA+-Autor*innen vom Buchbann betroffen. Im ersten Halbjahr des Schuljahres 2022/23 wurden laut PEN insgesamt 1.477 Buchverbots-Fälle verzeichnet. Verboten wurden unter anderem Titel von Margaret Atwood und Toni Morrison.
Das Bannen der Werke dieser Autoren gehe laut PEN von konservativen politischen Strömungen aus und diene dazu „den Unterricht zu Themen wie race, Gender, amerikanische Geschichte und LGBTQ-Identitäten einzuschränken“ und „die Freiheit des Lesens, Lernens und Denkens (…) zu untergraben“.
Als Befürworter der Meinungsfreiheit unterstützt Barack Obama den „Banned Book Club“. Der Banned Book Club ist eine von der Digital Public Library of America (DPLA) ins Leben gerufene Initiative, deren Ziel es ist, Lesenden in Gemeinden, in denen Bücher verboten wurden, kostenlosen elektronischen Zugang zu verbotenen Büchern zur Verfügung zu stellen. Damit will die Initiative dazu beitragen, die Meinungsfreiheit in den USA zu schützen.
Bücher haben immer beeinflusst, wie ich die Welt erlebe. Schriftsteller wie Mark Twain und Toni Morrison, Walt Whitman und James Baldwin haben mir etwas Wesentliches über den Charakter unseres Landes vermittelt. Das Lesen über Menschen, deren Leben sehr unterschiedlich von meinem war, zeigte mir, wie ich mich in andere hineinversetzen kann. (…) Heute werden einige der Bücher, die mein Leben geprägt haben – und das Leben vieler anderer – von Menschen in Frage gestellt, die bestimmten Ideen oder Perspektiven nicht zustimmen. (Barack Obama)
Autor Barack Obama: Seine Werke als Hörbuch
Barack Obama ist nicht nur Politiker, sondern auch Autor. Er hat bislang vier biografische Bücher mit geschichtlichem Bezug und ein Kinderbuch geschrieben. 2007 erschien sein Debut „Hoffnung wagen. Gedanken zur Rückbesinnung auf den American Dream“. Es folgten 2008 Ein amerikanischer Traum. Die Geschichte meiner Familie, 2011 „Von euch will ich singen. Ein Brief an meine Töchter“, 2020 Ein verheißenes Land und 2021 das zusammen mit Bruce Springsteen geschriebene „Renegades. Born in the USA“. Zwei seiner Werke sind als Hörbuch auf Deutsch verfügbar.
Seit einigen Jahren gibt Barack Obama regelmäßig Buchempfehlungen und veröffentlicht seine Sommer-Leseliste auf seinem Blog und in den sozialen Medien. Die folgenden neun Titel haben es 2023 auf seine „Summer Reading List“ geschafft.
Belletristik: Barack Obamas Buchtipps 2023
Aufgewachsen mit Eltern, die ihn größtenteils ignorieren, glaubt William Waters, dass er langweilig und nicht liebenswürdig sei. Still, schüchtern und ängstlich, ändert sich für ihn alles, als er Basketball für sich entdeckt und Teil eines Teams wird. Und als William Julia Padavano trifft, erkennt er zum ersten Mal, wie schön es sein kann, Teil einer liebevollen Familie zu sein. Doch als dunkle Ereignisse aus Williams Vergangenheit auftauchen, gerät Julias Zukunft und die ihrer Schwestern in Gefahr.
Unter dem Titel Hallo, du Schöne (englischer Originaltitel: „Hello Beautiful“) ist Ann Napolitanos bewegende Geschichte über die Macht bedingungsloser Liebe im März 2024 auf deutsch erschienen. Eine Hommage an Louisa May Alcotts zeitlosen Klassiker „Little Women“. Feinsinnig, melancholisch, atmosphärisch.
Boston, 1974. Ein junger schwarzer Mann wird unter mysteriösen Umständen tot aufgefunden. Gleichzeitig kommt Jules, die jugendliche Tochter von Mary Pat Fennessy, eines Abends plötzlich nicht zurück nach Hause. „Zu Hause“, das ist „Southie“, ein soziales Wohnprojekt in einer irisch-amerikanischen Enklave. Panisch begibt sich Mary Pat auf die Suche. Und obwohl der Tod des jungen Mannes und das Verschwinden ihrer Tochter auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben, gerät die Mutter aufgrund ihrer Nachforschungen ins Visier der irischen Mafia.
Small Mercies von Dennis Lehane ist ein historischer Thriller, der zu Zeit der Desegregation der öffentlichen Schulen in Boston in den Jahren 1974 bis 1988 spielt. Insbesondere die frühen Jahre der Desegregation – darunter versteht man die Aufhebung von Segregation, insbesondere der sogenannten „Rassentrennung“ –, gingen mit politischen Unruhen einher, nachdem die Segregation an öffentlichen Schulen in Massachusetts für illegal erklärt worden war. Ein mitreißendes und bewegendes Porträt des amerikanischen Rassismus.
Titus Crown ist der erste schwarze Sheriff in der Geschichte von Charon County, Virginia. Hier, in der Kleinstadt Charon, sind Morde äußerst selten. So wurden in den letzten zwei Jahrzehnten nur zwei Menschen umgebracht. Doch nach einem Jahr im Amt wird zuerst ein Lehrer von einem ehemaligen Schüler getötet, woraufhin dieser Schüler von Titus' Deputies erschossen wird.
Während Titus die Schießereien untersucht, nimmt er zugleich die Spur eines Serienmörders auf, der schon lange im Ort lebt. Zusätzlich muss er sich mit einer rechtsradikalen Gruppe aneinandersetzen, die eine Parade zur Feier der konföderierten Geschichte der Stadt plant. All the Sinners Bleed von S. A. Cosby ist eine packende und fesselnde Kriminalgeschichte.
Straßenränder, vergessene Parks, vernachlässigte Hinterhöfe: Das sind die Orte, an denen die neuseeländischen Guerilla-Gartenbau-Aktivisten von Birnam Wood die Samen von Nutzpflanzen säen. Als ein Erdrutsch den Korowai Pass blockiert und die Stadt Thorndike von der Außenwelt abschneidet, wittern die Aktivisten ihre Chance – sie wollen Thorndike in Zukunft als Farmland nutzen.
Da haben sie allerdings die Rechnung ohne Robert Lemoine gemacht – einen amerikanischen Milliardär, der sich in Thorndike einen Bunker bauen will. Den will er im Fall des Weltuntergangs nutzen. Doch Lemoine ist fasziniert vom Idealismus der Birnam-Wood-Gründerin Mira Bunting. Können diese beiden Menschen, die ideologisch unterschiedlicher nicht sein könnten, zusammenarbeiten und einander vertrauen? Birnam Wood von Eleanor Catton ist ein aus verschiedenen Perspektiven erzählter, packender Psychothriller.
Als Kinder wünschen sich die Geschwister Jacob und Belinda nichts mehr, als aus Ghana in die USA zu ziehen. Was Belinda erfolgreich meistert – inklusive Jura-Studium und Heirat eines wohlhabenden Geschäftsmannes aus Texas – bleibt für Jacob ein unerfüllter Traum. Er ist Programmierer, lebt immer noch bei seinem Vater und sein Antrag auf ein Visum, das es ihm erlauben würde, zu seiner Frau Patricia nach Virginia zu ziehen, wird mehrfach abgelehnt.
What Napoleon Could Not Do - A Novel von DK Nnuro beleuchtet Amerika in drei verschiedenen Erzählsträngen und aus drei verschiedenen Perspektiven – der von Jacob, der von Belinda und der ihres Ehemanns Wilder, dessen Eindruck von den USA sich komplett von Belindas unterscheidet. Schließlich musste sie sich als PoC ihr ganzes Leben lang mit Rassismus auseinandersetzen. Eine überraschende und anspruchsvolle Geschichte über verpasste Chancen und geplatzte Träume – und solche, die in Erfüllung gehen.
Barack Obama empfiehlt auch „Blue Hour“ von Tiffany Clarke Harrison – die Geschichte einer Frau, die mit ihrer ambivalenten Einstellung zu Mutterschaft und der Trauer über eine kürzlich erlittene Fehlgeburt ringt. Zusätzlich wird sie mit einem erschütternden Vorfall von Polizeibrutalität konfrontiert. Der Roman ist noch nicht in Deutschland verfügbar, kann aber über amazon.com bestellt werden.
Barack Obamas Buchempfehlungen: Sachbücher, die der Ex-Präsident 2023 empfiehlt
Ganz oben auf Obamas Leseliste steht dieses Jahr Poverty, by America von Matthew Desmond. Darin zeigt der Soziologe auf, wie wohlhabende Amerikaner bewusst und unbewusst dazu beitragen, dass einkommensschwache Menschen in den USA arm bleiben. Ursächlich für die anhaltende soziale Ungleichheit seien laut Desmond unter anderem die Tatsachen, dass finanziell Gutgestellte Löhne drücken und Wohnraum immer teurer wird.
Desmond betont, dass es nur gemeinsam und wenn alle zusammenhalten möglich ist, ein Zeitalter des Wohlstandes für alle einzuläuten. Ein wichtiges Werk, das Fragen zu sozialer Gerechtigkeit aufwirft und dazu anregt, sich mit Armut und den damit verbundenen Herausforderungen auseinanderzusetzen. Desmond wurde für sein Werk „Evicted“ mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet.
Er war Bürgerrechtler mit einem großen Traum, Baptistenpastor und ist weiterhin Vorbild für viele – Dr. Martin Luther King Jr. Was wohl aber nur die wenigsten wissen: Der Mann, der sich für gewaltlosen Protest einsetzte, war oft mit sich selbst unzufrieden. In King: A Life wirft Jonathan Eig einen intimen Blick auf die emotional oft geplagte Persönlichkeit von Dr. King. So beleuchtet er unter anderem Kings komplexe Beziehungen zu seiner Frau, seinem Vater und anderen Aktivisten.
In King: A Life zeigt Journalist Eig Martin Luther King als Mensch, der mit seinen Schwächen und dunklen Stimmungen kämpft. Eine umfassende Biografie, die unter anderem auf kürzlich freigegebenen FBI-Akten basiert und die zu einem tieferen Verständnis des großen Kämpfers gegen soziale Ungleichheit beiträgt.
Am 28. Januar 1742 läuft die „Wager“, ein heruntergekommenes, zusammengeschustertes Gefährt aus Holz und Stoff, vor der Küste Brasiliens auf Grund. An Bord: dreißig abgemagerte Männer, vollkommen erschöpft. Sie berichten, dass sie England auf der Wager während eines imperialen Krieges mit Spanien verlassen haben, um eine geheime Mission zu erfüllen. Schließlich seien sie vor der Küste Patagoniens auf einer einsamen Insel gestrandet. Dort hätten sie monatelang überleben müssen, bis sie schließlich mehr als 100 Tage lang und mehr als 2.500 Meilen weitersegelten.
Die gestrandete Mannschaft lässt sich in Brasilien als Helden feiern. Als jedoch sechs Monate später ein weiteres Schiff mit nur drei Mann Besatzung vor der chilenischen Küste anlegt, entsteht ein anderer Eindruck von der Wager-Besetzung. Diese Männer behaupten nämlich, dass es sich bei der Wager-Besatzung nicht um Helden, sondern um Meuterer handele, die in der Zeit auf der einsamen Insel tyrannisch geherrscht hätten.
Das wiederum will sich die Wager-Besatzung nicht gefallen lassen – vor einem Kriegstribunal bringen die Männer die wildesten Anschuldigungen vor. Schließlich geht es um Leben und Tod. The Wager von David Grann ist ein exzellent recherchiertes Sachbuch über Schiffbruch, Meuterei und Mord.
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