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Preis der Leipziger Buchmesse: Wer hat 2024 gewonnen?

Preis der Leipziger Buchmesse: Wer hat 2024 gewonnen?

Der Preis der Leipziger Buchmesse ist ein Preis für Gegenwartsliteratur, der seit 2005 in der Glashalle der Leipziger Buchmesse an „herausragende deutschsprachige Neuerscheinungen“ verliehen wird. Dieses Jahr haben sich die eingereichten Werke verstärkt mit Fragen des politischen und historischen Bewusstseins auseinandergesetzt. An der Veranstaltung können nicht nur Autorinnen und Autorinnen, Medienschaffende und andere in der Literaturbrache Tätige teilnehmen, sondern auch Lesende. Bislang wurden 58 Gewinnerinnen und Gewinner mit der mit insgesamt 60.000 Euro dotierten Ehrung bedacht.

In der Jury saßen dieses Jahr diese sieben Journalistinnen und Journalisten sowie Literaturkritikerinnen und Literaturkritiker:

  • Insa Wilke (Juryvorsitz)

  • Maryam Aras

  • Moritz Baßler

  • Cornelia Geißler

  • David Hugendick

  • Marie Schmidt

  • Shirin Sojitrawalla

Die Jury wird alle drei Jahre neu einberufen.

Preis der Leipziger Buchmesse: Das sind die Gewinnerinnen und Gewinner 2024

Der Preis der Leipziger Buchmesse wird jährlich in drei Kategorien verliehen: „Belletristik“, „Sachbuch/Essayistik“ sowie „Übersetzung“. Dies sind die diesjährigen Gewinnerinnen und Gewinner.

Gewinnerin in der Kategorie „Belletristik“: „Minihorror“ von Barbi Marković

„Die eingereichten Titel zeigen, wie unterschiedlich und wie markant in der deutschsprachigen Belletristik die Spielformen des Erzählens sind. Lassen Sie sich nicht erzählen, dass es in der deutschsprachigen Literatur und Belletristik diese Vielfalt nicht gibt“, betont Juryvorsitzende Insa Wilke bei der Vergabe des Preises in der Kategorie Belletristik.

Mit der Auszeichnung wurde dieses Jahr Barbi Markovićs „Minihorror“ geehrt. Die in Wien lebende gebürtige Serbin schreibt unter anderem Kurzgeschichten, Theaterstücke und Hörspiele. Ihre Werke verfasst sie in serbischer und deutscher Sprache. „Superheldinnen“, ihr 2016 veröffentlichter Großstadtroman, wurde unter anderem mit dem Priessnitz-Preis und dem Adelbert-von-Chamisso-Preis ausgezeichnet.

In „Minihorror“ thematisiert sie den Alltag eines Paares, in dem Abenteuer und Horror nah beieinander liegen. Wobei ersteres das Gefühl eines im Mund explodierenden glitzernden Pizza Burgers sein kann und letzteres das Entsetzen, das ein zufälliges Aufeinandertreffen mit einer „fleischfressenden Cousine“ verursachen kann.

Ihre Rede habe sie in zehn Minuten in der Kantine vorbereitet, sagte Marković, als sie den Preis entgegennimmt. Und fügt, stakkatoartig, ganz im Stil von „Minihorror“ hinzu:

„Mini bekommt einen Preis, aber sie hat keine Rede geschrieben. Sie stellt in der Kantine etwas zusammen, aber das ist keine Rede. ‚Was ist das?‘, sagen die Leute. Es ist nicht lektoriert. Sie hoffen doch noch auf eine Rede, die alle Probleme der Gegenwart lösen wird. Mini verschluckt sich und stirbt auf der Bühne.“

Jurymitglied Shirin Sojitrawalla sagt bei der Preisvergabe über „Minihorror“:

„Barbi Marković erzählt hinreißend komisch und bitterernst von unserer Gegenwart. Der Mensch im Spätkapitalismus wird dabei notgedrungen zur Witzfigur.“

Gewinnerin in der Kategorie „Sachbuch/Essayistik“: „ca. 1972“ von Tom Holert

„Wir sind Experten darin, Nachrichten zu konsumieren. Wir sind aber absolute Laien, wenn es ums Urteilen und ums Handeln geht. Das etwas zu ändern, dabei helfen Sachbücher. Und zwar vor allem, indem man lernt, was man alles nicht weiß“, sagt Journalist Jens Bisky in einem Film zur Anmoderation der Preisvergabe in der Kategorie Sachbuch/Essayistik.

Der Preis in der Sachbuch-Kategorie ging dieses Jahr an „ca. 1972. Gewalt – Identität – Methode“ von Tom Holert. Bei der Entgegennahme des Preises betont Holert, dass sein Buch den Begriff der Radikalität „dekliniere“. Er versuche darin zu zeigen, „dass Ansprüche auf Radikalität immer auch Widersprüche und Konflikte hervorbringen“. Laut Holert gäbe es „keine unschuldige, saubere Form des Radikalseins“.

In „ca. 1972“ widmet sich Kunsthistoriker und Künstler Tom Holert dem Jahr 1972, einem Wendepunkt, in dem das Vertrauen in die Nachkriegsordnung und den Fortschritt der Moderne einer Atmosphäre von Ernüchterung, Verbitterung und Angst wich. Statt der üblichen Fokussierung auf kanonische Ereignisse und Personen, erforscht Holerts Essay die historischen Dynamiken jener Zeit und stellt weniger bekannte Akteure und Situationen in den Vordergrund. Er zeigt auf, wie die Erwartungen und Revolutionen der 1960er-Jahre ihre Auflösung fanden und bildet ein komplexes Gefüge kultureller, intellektueller und ästhetischer Entwicklungen ab.

Mit seinem Werk fordere uns Tom Holert, laut Jurymitglied Maryam Aras, heraus, „alles miteinander zu verbinden“. Und fügt hinzu: „Er fordert uns heraus, durch einen Zeit-Raum 'ca. 1972' zu schreiten, durch den noch ein Hauch der Euphorie von '68 wehte, aber bereits ernüchternd weitergestaltet wurde in diversen emanzipatorischen Bewegungen weltweit, die Fragen von Emanzipation und Selbstbestimmung gestellt haben, an ihre damaligen Gesellschaften. Fragen, die wir uns heute wieder stellen.“

Jurymitglied Shirin Sojitrawalla sagt über „ca. 1972“:

„Tom Holert widmet sich dem Zeitraum ‚ca. 1972‘ und seiner politischen und ästhetischen Avantgarde. Sein überbordender Text-Bild-Essay stellt Gewalt, Ökologie und Identität in einen aufregenden theoretischen Zusammenhang“.

Gewinnerin in der Kategorie „Übersetzung“: Ki-Hyang Lee für „Der Fluch des Hasen“ von Bora Chung

„Die Arbeit der Übersetzung fördert die Möglichkeiten des Zusammenlebens“, betont Insa Wilke bei der Verleihung des Preises der Leipziger Buchmesse in dieser Kategorie. Für ihre Übersetzung von Bora ChungsDer Fluch des Hasen“ (englischer Titel: Cursed Bunny) wurde dieses Jahr Ki-Hyang mit dem Preis der Leipziger Buchmesse geehrt.

Unter Tränen und sichtlich überrascht nahm die Lektorin, Übersetzerin und Verlegerin die Auszeichnung von Martin Buhl-Wagner, Geschäftsführer der Leipziger Messe, entgegen. Worte zu finden, fiel ihr zunächst schwer. Die 57-Jährige sagte schließlich: „Ein großer Trost für meine über 20-jährige einsame Arbeit. Ich danke Ihnen. Leipzig leuchtet heute so schön wie gestern“.

Cursed Bunny

Bora Chungs ursprünglich koreanische Kurzgeschichtensammlung Cursed Bunny changiert irgendwo zwischen Märchen und psychologischem, im Alltäglichen lauerndem Horror. So bekommt eine Protagonistin Besuch aus der Toilette – von einer Doppelgängerin, die ihren Exkrementen entstammt. Eine andere führt Beziehungen mit verschiedenen Versionen ihres Liebesroboters. Am ehesten hängt sie aber an dem Original – Version 1.0. Schade nur, dass der Akku des mechanischen Freundes langsam nachlässt und er sich an immer weniger erinnern kann.

Bora Chungs Geschichten tänzeln laut Jurymitglied Marie Schmidt „am Abgrund“. So verbinden sie in eine „hochtechnisierte“ mit einer „uralten“, von Geistern bewohnten Welt, „in der zugleich unterschiedliche Flüche wirken“.

Bei der Preisvergabe sagt die Jury:

„Das Unheimliche und Monströse läuft bei der gesellschaftskritisch versierten Koreanerin Bora Chung zu großer Form auf. Ki-Hyang Lee ist es zu verdanken, dass ihre Geschichten auch auf deutsch abgründig funkeln.“

Auch Denis Scheck hat „Der Fluch des Hasen“ von Bora Chung auf der Leipziger Buchmesse empfohlen. Entdecke hier weitere aktuelle Buchtipps des Literaturkritikers!

Die Nominierten 2024: Werke, die auf der Shortlist standen

Aus insgesamt 486 Einreichungen gab die Jury des Preises der Leipziger Buchmesse am 29. Februar insgesamt 15 Nominierte bekannt. In jeder Kategorie standen jeweils fünf Autorinnen und Autoren auf der Shortlist. Einige der Werke, die dieses Jahr nicht mit dem Preis ausgezeichnet wurden, kannst du bei Audible als Hörbuch hören.

Belletristik

Dana Vowinckel hat Linguistik und Literaturwissenschaften unter anderem in Toulouse, Cambridge und Berlin studiert. Die 28-Jährige war 2023 eine von 37 Stipendiatinnen und Stipendiaten, denen das Arbeitsstipendium für Literatur in deutscher Sprache der Senatsverwaltung für Kultur und Europa zuteil wurde. Zudem gewann sie verschiedene Schreibwettbewerbe, zum Beispiel „L'Chaim: Schreib zum jüdischen Leben in Deutschland!“ und war unter anderem für den Ingeborg-Bachmann-Preis nominiert. Auch ihr 2023 erschienener Roman Gewässer im Ziplock hätte 2024 den Preis der Leipziger Buchmesse gewinnen können.

Gewässer im Ziplock

Vowinckel erzählt darin die bewegte Geschichte der fünfzehnjährigen Schülerin Margarita. Die fühlt sich hin- und hergerissen – zwischen Berlin, Chicago und Jerusalem. Margarita verbringt den Sommer bei ihren Großeltern in den USA, doch tief in ihr herrscht Sehnsucht nach Deutschland, ihren Freunden und ihrem Vater Avi, Gebetsleiter in einer Synagoge. Das Leben führt die junge Frau schließlich nach Israel, um ihre Mutter zu treffen, die sie seit ihrer Kindheit nicht mehr gesehen hat. Eine Reise, die alte und neue Konflikte ans Licht bringt und zu tiefen Zerwürfnissen innerhalb der Familie führt.

Die Jury des Preises der Leipziger Buchmesse sagt zur Nominierung von Dana Vowinckel:

„Emotional und zugleich klar erzählt, gewinnt der Roman seine Spannung durch die Konsequenz der Erzählperspektiven und lässt die Verschiedenheit von Weltsichten auch im intimsten Kreis zu.“

Auf einen Blick: Alle Nominierten in der Kategorie „Belletristik“

Autor/Autorin

Titel

1

Barbi Marković

Minihorror

2

Inga Machel

Auf den Gleisen

3

Wolf Haas

Eigentum

4

Anke Feuchtenberger

Genossin Kuckuck

5

Dana Vowinckel

Gewässer im Ziplock

Sachbuch/Essayistik

Soziologe Jens Beckert hat bereits in Göttingen, New York, Princeton, Paris und an der Harvard University gelehrt. Schwerpunktmäßig analysiert er zum Beispiel Märkte aus sozialwissenschaftlicher Perspektive. Für „Imaginierte Zukunft: Fiktionale Erwartungen und die Dynamik des Kapitalismus“ wurde er mit dem Karl-Polanyi-Preis der Deutschen Gesellschaft für Soziologie geehrt. 2024 nominierte die Jury Verkaufte Zukunft. Warum der Kampf gegen den Klimawandel zu scheitern droht, sein Sachbuch zum Thema Klimawandel, für den Preis der Leipziger Buchmesse.

Verkaufte Zukunft

Darin befasst sich Beckert mit der Frage, warum trotz des langjährigen Wissens um die Erderwärmung und ihre Gefahren die globalen Treibhausgasemissionen weiter ansteigen. Der Soziologie untersucht, weshalb es der Menschheit nicht gelingt, den Klimawandel effektiv zu bekämpfen. Seine These: Das Versagen, angemessene Maßnahmen zu ergreifen, ist auf die vorherrschenden Macht- und Anreizstrukturen für Unternehmen, Politik, Wählerinnen und Wähler sowie für Konsumentinnen und Konsumenten zurückzuführen.

Vor dem Hintergrund zukünftig weiter steigender Temperaturen und sich verschärfender sozialer und politischer Konflikte betont er die Notwendigkeit von Anpassungsfähigkeit, Resilienz und insbesondere solidarischem Handeln. Daraus leitet er konkrete Aufgaben für eine realistische Klimapolitik ab, die sich diesen Herausforderungen stellt.

Die Begründung der Jury für Beckerts Nominierung:

„Jens Beckert liefert Ideen, wie die Gesellschaft die Kurve kriegen könnte.“

Gegen Frauenhass

Laut polizeilicher Kriminalstatistik waren im Jahr 2022 170.000 Frauen von häuslicher Gewalt betroffen. Das Dunkelfeld dürfte weitaus größer sein. Hinzu kommen andere Formen der Gewalt gegen Frauen wie Stalking, sexualisierte Gewalt und Mobbing. Rechtsanwältin Christina Clemm verteidigt seit vielen Jahren die Rechte von Betroffenen geschlechtsspezifischer und rassistisch motivierter Gewalt. Clemm, die auch im NSU-Verfahren Teil der Nebenklage war, betont: „Verwundungen entstehen nicht erst bei Gesichtsfrakturen oder Morddrohungen, sondern überall dort, wo Frauen und non-binäre Personen aufgrund ihres Geschlechts schlechter behandelt oder diskreditiert werden.“

2024 wurde Clemm für Gegen Frauenhass für den Preis der Leipziger nominiert. Darin thematisiert die Rechtsanwältin den systemischen und oft tödlichen Hass auf Frauen sowie die weitreichenden Folgen patriarchaler Gewalt. Sie untersucht, warum trotz der häufigen Erfahrungen von Gewalt gegen Frauen in der Öffentlichkeit keine wirksamen Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Zudem präsentiert Clemm dringend erforderliche Lösungsansätze, um diese Form der Gewalt zu bekämpfen und die Sicherheit sowie Gleichstellung von Frauen in der Gesellschaft zu fördern.

Das sagt die Jury zur Nominierung von Christina Clemm für den Preis der Leipziger Buchmesse 2024:

„Ein im Wortsinn aufregender Bericht aus der juristischen Praxis, ein aufrüttelndes Plädoyer gegen die Bagatellisierung von sexualisierter Gewalt und auch eine dialektische Verteidigung des Rechtsstaates.“

Auf einen Blick: Alle Nominierten in der Kategorie „Sachbuch/Essayistik“

Autor/Autorin

Titel

1

Tom Holert

ca. 1972 Gewalt – Identität – Methode

2

Jens Beckert

Verkaufte Zukunft. Warum der Kampf gegen den Klimawandel zu scheitern droht

3

Christina Clemm

Gegen Frauenhass

4

Christina Morina

Tausend Aufbrüche. Die Deutschen und ihre Demokratie seit den 1980er-Jahren

5

Christiane Collorio (Hrsg.), Ines Geipel (Hrsg.), Ulrich Herbert (Hrsg.), Michael Krüger (Hrsg.), Hans Sarkowicz (Hrsg.)

Jahrhundertstimmen 1945-2000 – Deutsche Geschichte in über 400 Originalaufnahmen. Jahrhundertstimmen II

Übersetzung

Den Opfern des Ukraine-Krieges eine Stimme geben. Die Schrecken, die Krieg mit sich bringt, verdeutlichen. Und das, ohne zu werten, zu filtern oder einzuordnen. Das gelingt Katerina Gordeeva mit „Nimm meinen Schmerz. Geschichten aus dem Krieg“. Hierfür sprach die mit zahlreichen Preisen ausgezeichnete, russischstämmige und im Exil lebende Journalistin mit 24 zumeist weiblichen Kriegsflüchtigen.

Die Gespräche fanden in Flüchtlingslagern, Wohnungen und an anderen Orten statt. In Russland, der Ukraine, aber auch in Warschau, Dresden und Spanien. Entstanden ist eine erschütternde Sammlung von Kriegsberichten, die die Konsequenzen des Krieges sowohl auf russischer als auch auf ukrainischer Seite des Konflikts verdeutlichen.

Für ihre Übersetzung des Werkes aus dem Russischen ins Deutsche wurde Jennie Seitz von der Jury des Leipziger Buchpreises in der Kategorie Übersetzung nominiert. Ihre Begründung: „Die Übersetzung entwickelt eine beeindruckende literarische Ausdruckskraft, um Angst und Schmerz zu dokumentieren.“

Auf einen Blick: Alle Nominierten in der Kategorie „Übersetzung“

Übersetzer/Übersetzerin

Titel

1

Ki-Hyang Lee

Der Fluch des Hasen

2

Klaus Detlef Olof

18 Kilometer bis Ljubljana

3

Lisa Palmes

Bitternis

4

Jennie Seitz

Nimm meinen Schmerz. Geschichten aus dem Krieg

5

Ron Winkler

Angefangen mit San Francisco. Gedichte

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