Kooperieren oder kritisieren? Anpassen oder aufbegehren? Gehen oder bleiben? Alle bedeutenden DDR-Schriftsteller mussten sich in ihrem Leben mit existenziellen Fragen auseinandersetzen. In ihren Leben voller krasser Brüche und Widersprüche spiegelt sich die Geschichte eines zerrissenen Landes wider. Das macht die Biografien und Erinnerungen sowie die Belletristik der hier vorgestellten Schriftsteller aus der DDR bis heute spannend. Hier erfährst du, welche DDR-Schriftsteller die kulturelle und politische Landschaft in Ost (und West!) geprägt haben.
Die bekanntesten Werke bedeutender DDR-Schriftsteller
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Wer sind die wichtigsten DDR-Schriftsteller?
In den vier Jahrzehnten ihres Bestehens brachte die DDR eine Vielzahl bedeutender Autoren und Autorinnen hervor, die Werke von hoher literarischer Qualität schufen, die heute immer noch relevant sind. Hier sind die zehn bekanntesten Namen.
Bertolt Brecht
Bertolt Brecht (1898 bis 1956) war einer der einflussreichsten deutscher Dramatiker und Lyriker des 20. Jahrhunderts. Er revolutionierte das Theater mit seiner „epischen Theatertheorie“, die das Publikum zum aktiven Denken anregen sollte. Geboren in Augsburg, studierte er Medizin, bevor er sich der Literatur und dem Theater widmete. Während des Zweiten Weltkriegs emigrierte Brecht in die USA, kehrte aber nach dem Krieg nach Deutschland zurück.
In der DDR schrieb und inszenierte er Stücke, die oft sozialistische Ideen und politische Botschaften vermittelten. Dennoch wurde sein Werk teilweise von staatlicher Seite zensiert. Zu seinen bekanntesten, bis heute gespielten Werken gehören die Dramen „Die Dreigroschenoper“ und Mutter Courage und ihre Kinder.
Thomas Brasch
Schriftsteller und Regisseur Thomas Brasch (1945 bis2001) war eine schillernde und streitbare Persönlichkeit. Geboren in Westdeutschland, wuchs er in der DDR auf und begann seine literarische Karriere in den 1960er-Jahren. Zu seinem Vater, einem linientreuen SED-Funktionär und zeitweise stellvertretendem Minister für Kultur, hatte er ein angespanntes Verhältnis. Brasch schrieb poetische Prosa und Lyrik, in der er sich oft kritisch mit dem DDR-Regime auseinandersetzte.
Sein Werk reflektiert die Spannungen und Widersprüche des Lebens in der DDR ebenso wie seine eigene innere Zerrissenheit. Während der Wendezeit unterstützte er die Protestbewegung gegen die SED-Herrschaft. Sein Debüt Vor den Vätern sterben die Söhne gilt heute als moderner Klassiker. Darin zeichnet er in kurzen Prosa-Texten den Alltag der DDR nach – das Dokument einer verzweifelten, existentiellen Revolte, erzählt im trockenen, nüchternen Tonfall. Thomas Brasch starb 2001 in Berlin und hinterließ ein bedeutendes literarisches Erbe, das auch heute noch Beachtung findet.
Wolf Biermann
Liedermacher und Dichter Wolf Biermann wurde 1936 als Sohn einer Arbeiterin und eines kommunistischen Juden geboren, der in Auschwitz ermordet wurde. Als Sechzehnjähriger siedelte Biermann allein von Hamburg in die DDR über. Gefördert von Hanns Eisler, dem Komponisten der DDR-Hymne, avancierte er in den 1960er-Jahren zur zentralen Figur der ostdeutschen Liedermacher-Szene.
In seinen Liedern und Gedichten setzte er sich kritisch mit der SED-Herrschaft auseinander, woraufhin das Regime ihm erst öffentliche Auftritte untersagte und ihn schließlich 1976 während einer Konzertreise ausgebürgerte.
Die Ausweisung Biermanns löste internationale Proteste aus und machte ihn endgültig zur Symbolfigur des politischen Widerstands. In Westdeutschland setzte er sein politisches Engagement fort und wurde zu einer prominenten Stimme für Menschenrechte und Freiheit. In seiner Autobiografie Warte nicht auf bessere Zeiten rekapituliert er sein dramatisches Leben – und findet dafür eine kraftvolle Sprache und einen fast heiteren Tonfall. Ein einzigartiges Zeitdokument.
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Helga Schubert
Die deutsche Schriftstellerin Helga Schubert wurde 1940 in Berlin geboren und gilt als eine der wichtigsten feministischen Stimmen ihrer Generation. Ihr Debüt „Lauter Leben“, eine Kurzgeschichtensammlung,begründete ihre Stellung als systemkritische Schriftstellerin. Schubert behandelt in ihren Werken Themen wie Frauenrechte, Identität und das Leben in der DDR. Ihre klare, präzise Sprache und ihre kritische, feministische Perspektive haben sie zu einer einflussreichen Stimme in der deutschen Literaturszene gemacht.
Für ihr Schaffen erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen, darunter den renommierten Ingeborg-Bachmann-Preis im Jahr 2020. In ihrer Autobiografie Vom Aufstehen blickt sie zurück auf ihr eigenes Leben und das ihrer Mutter – ein tiefberührendes Porträt zweier Frauen, in deren Leben sich ein Jahrhundert deutscher Geschichte spiegelt.
Christa Wolf
Christa Wolf, geboren 1929, ist die wohl bekannteste und bedeutendste DDR-Schriftstellerin. Geboren in Landsberg an der Warthe im heutigen Polen, erlebte sie den Zweiten Weltkrieg und die Teilung Deutschlands. Ihre Werke, darunter „Der geteilte Himmel“, Nachdenken über Christa T. und „Kassandra“, wurden für ihre literarische Qualität und ihre politische Relevanz hoch gelobt.
Grundsätzlich staatstreu, wurde Wolf zunehmend zu einer der kritischen Stimme der DDR. Sie engagierte sich für Reformen und setzte sich nach der Wiedervereinigung für die Aufarbeitung der Geschichte ein. Ausgehend von ihren Erfahrungen brachte sie die Nachkriegsepoche zur Sprache und erfuhr damit auch international große Anerkennung.
Anna Seghers
Anna Seghers zählt zu den bedeutendsten Autorinnen des 20. Jahrhunderts. Im Jahr 1900 als Netty Reiling in Mainz geboren, schrieb sie während der Weimarer Republik und später während im französischen Exil, wohin sie vor den Nationalsozialisten floh. Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte sie nach Deutschland zurück und profilierte sich als Schriftstellerin.
Ihr bekanntestes Werk, der Roman Das siebte Kreuz, handelt von einem KZ-Häftling, dem die Flucht gelingt. Er trifft auf Menschen, die sich zwischen Mitgefühl und Denunziation entscheiden müssen. Ihr erschütternder, meisterhaft komponierter Roman machte Anna Seghers mit einem Schlag berühmt und wurde zu einem bis heute anhaltenden Welterfolg. Ihre Werke sind geprägt von ihrem politischen Engagement und ihrer humanistischen Sichtweise.
Brigitte Reimann
Brigitte Reimann wurde 1933 in Burg bei Magdeburg geboren und begann ihre literarische Karriere in den 1950er-Jahren. Der vom DDR-Regime propagierten Stilrichtung des Sozialistischen Realismus stand Reimann anfangs positiv, mit der Zeit jedoch zunehmend kritisch gegenüber. Ihr Schreibstil war geprägt von lebhafter Beobachtung und einer intensiven, emotionalen Erzählweise. Brigitte Reimann starb 1973 im Alter von nur 39 Jahren an Krebs.
Ihre Tagebücher Ich bedaure nichts und Alles schmeckt nach Abschied gelten heute als das eigentliche Hauptwerk der Autorin. Sie legen Zeugnis von Reimanns scharfem Verstand, ihrer stetigen kritischen Selbstbefragung und ihrer Sehnsucht nach erfüllter Liebe ab. Reimanns Fragment gebliebener Roman „Franziska Linkerhand“ wurde 1974 posthum veröffentlicht und gilt als bedeutendes Beispiel der sozialistischen Literatur. Es schildert den DDR-Alltag mit ungewohnter Offenheit. Mit der empathischen Heldin, ihrem Lebenshunger und unbedingtem Freiheitswillen konnte sich eine breite Leserschaft identifizieren.
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Heiner Müller
Dramatiker und Schriftsteller Heiner Müller wurde 1929 im sächsischen Eppendorf geboren, studierte Theaterwissenschaften und arbeitete zunächst als Dramaturg. Er ist für seine avantgardistischen und politisch-engagierten Theaterstücke bekannt. Heiner Müller wurde eine zentrale Figur des DDR-Theaters und erlangte internationale Anerkennung.
Seine Werke, darunter „Die Hamletmaschine“ und „Quartett“, sind geprägt von komplexen, surrealen Erzählstrukturen und subversiven politischen Botschaften. Eine Frage, die Müller umtrieb: Wie wirken sich Macht und Ideologie auf das Individuum aus? Sein Drama Anatomie Titus ist ein eindrückliches Beispiel für seine sprachgewaltige Kunst. Müller starb 1995 in Berlin.
Christoph Hein
Christoph Hein, 1944 in Heinzendorf in der Provinz Oberschlesien geboren, arbeitete zunächst als Dramaturg und Autor an der Volksbühne in Ost-Berlin, bevor er sich ganz der Literatur zuwandte. Er ist bekannt für sein vielseitiges literarisches Schaffen, das Romane, Erzählungen, Theaterstücke und Essays umfasst.
Während der DDR-Zeit wurde Hein nie müde, die sozialen und politischen Missstände in der DDR zu thematisieren. Eines seiner bekanntesten Werke ist der Roman Der fremde Freund, der 1982 in der DDR veröffentlicht wurde und in Westdeutschland 1983 aufgrund des Titelschutzes unter dem Namen Drachenblut erschien.
Der Roman setzt sich mit der Problematik des Überwachungsstaates auseinander. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands setzte Hein sein Schaffen fort und wurde für seine literarische Qualität und sein Engagement in der deutschen Literaturwelt hochgeschätzt. Hein erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter im Jahr 2008 den renommierten Georg-Büchner-Preis.
Jurek Becker
Jurek Becker, geboren 1937 in Łódź, Polen, war ein renommierter deutscher Schriftsteller und Drehbuchautor. Er emigrierte mit seiner Familie nach Ost-Berlin, wo er aufwuchs. Becker ist besonders für Jakob der Lügner berühmt, der in der DDR und international Anerkennung fand. Der Roman erzählt die Geschichte des jüdischen Ghetto-Bewohners Jakob Heym, der die Hoffnung seiner Mitmenschen durch das Erzählen erfundener Nachrichten aufrechterhält.
Nach seiner Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland setzte Becker seine schriftstellerische Karriere fort und schrieb unter anderem Romane und Erzählungen. Er verfasste auch das Drehbuch für die Verfilmung seines berühmten Romans, der als einziger Film aus der DDR für einen Oscar nominiert wurde. Jurek Becker starb 1997. Er hinterließ ein bedeutendes Werk, dass sich mit Themen wie Identität, Geschichte und menschlicher Würde auseinandersetzt.
Welche Autoren und Werke waren in der DDR verboten oder wurden zensiert?
In der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) gab es eine Vielzahl von Autoren, deren Werke zensiert oder verboten wurden, weil sie als politisch unerwünscht oder ideologisch nicht konform angesehen wurden. Dabei wurden Begriffe wie „Zensur“ oder „Verbot“ vermieden und durch beschönigende Formulierungen wie „Genehmigungsverfahren“ Planung“ oder „Lenkung“ ersetzt. Die Liste der verbotenen Autoren und Werke war lang und änderte sich im Laufe der Zeit, da politische Strömungen und Prioritäten wechselten.
Werke der folgenden bekannten Autoren und Autorinnen wurden in der DDR verboten oder zensiert:
1. Franz Kafka: Seine Werke wurden wegen ihres vermeintlichen Pessimismus und Existenzialismus als unvereinbar mit der sozialistischen Ideologie betrachtet.
2. Max Frisch: Seine Bücher – darunter „Homo Faber“ – durften in der DDR grundsätzlich nicht gelesen werden, da sie nicht die Merkmale des sozialistischen Realismus erfüllten.
3. Günther Grass: Als einer der einflussreichsten Schriftsteller der Bundesrepublik war Grass in der DDR verpönt.
4. George Orwell: Seine Dystopie„1984“ sowie die Parabel „Farm der Tiere“ waren wegen Orwells Kritik an totalitären Systemen und staatlicher Überwachung bis zum Ende der DDR verboten.
5. Bertolt Brecht: Obwohl Brecht der wohl wichtigste DDR-Dramatiker war, wurden einige seiner Dramen zensiert, da sie als zu kritisch gegenüber der Regierung angesehen wurden.
6. Heinrich Böll: Böll wurde ab 1975 für fast ein Jahrzehnt kaum publiziert, da er sich durch seine Freundschaften mit sowjetischen Dissidenten bei der DDR-Führung unbeliebt gemacht hatte.
7. Karl May: Seine Bücher – darunter „Winnetou“ – wurden bis 1982 in der DDR weder gedruckt noch offiziell gehandelt, da sie als „Werk des Westens“ galten.
8. Wolfgang Borchert: Seine Werke – etwas das Kriegsheimkehrer-Drama „Draußen vor der Tür“ – wurden wegen seiner Kritik an der Nachkriegsgesellschaft zunächst abgelehnt. Ab den 1960er Jahren wurde Borchert als Kämpfer gegen Imperialismus und Faschismus gefeiert.
9. Samuel Beckett: Sein Theaterstück „Warten auf Godot“ konnte aufgrund der vermeintlichen Abkehr von sozialistischen Idealen erst 1978 in der DDR aufgeführt werden.
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