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DDR-Romane: Geschichten aus einem Land, das es nicht mehr gibt

DDR-Romane: Geschichten aus einem Land, das es nicht mehr gibt

41 Jahre lang war Deutschland geteilt. Doch obwohl der Mauerfall mittlerweile mehr als 30 Jahre zurückliegt, ist die Narbe, die diese Trennung hinterlassen hat, bis heute spürbar. Mit unterschiedlichen Werten in verfeindeten politischen Systemen aufgewachsen, fällt es vielen Menschen in Ost und West noch immer schwer, sich unvoreingenommen zu begegnen. Zu unterschiedlich sind die Erfahrungen, die sie in DDR und BRD geprägt haben.

Literatur über die DDR kann dabei helfen, sich die Lebensumstände „im Osten“ bewusst zu machen – unabhängig davon, ob man sie selbst erlebt hat, aus den Schilderungen anderer kennt oder bisher keine Berührung mit dem Thema hatte. Die hier vorgestellten Bücher erzählen vom Alltag in der DDR, von Repressionen und Flucht, von Hoffnung, Rebellion und Resignation. Sie helfen dabei, die jüngste deutsche Geschichte zu verstehen und Ressentiments zu überwinden. Und bieten nebenbei großartige Unterhaltung.

DDR-Romane, die unterhalten und berühren

Du willst etwas über das Leben in der DDR lernen und gleichzeitig einfach gut unterhalten werden? Diese DDR-Romane mögen keine literarischen Schwergewichte sein. Dafür punkten sie mit einem wendungsreichen Plot und viel Gefühl – oder mit Humor.

Heinz Labensky und seine Sicht auf die Dinge

Heinz Labensky hat es satt, seine Tage in einem Seniorenheim am Erfurter Stadtrand zu verdämmern. Da kommt ihm das unscheinbare Briefchen von Rosa, der Tochter seiner Jugendliebe Rita, gerade recht. Rita ist verschwunden. Labensky bucht ein Ticket für den Flix-Bus nach Warnemünde, um dem großen Rätsel seines Lebens auf die Spur zu kommen. Labenskys blühende Fantasie ist ihm dabei die bestmögliche Reisebegleiterin: Er reist zurück seine eigene Vergangenheit, in der sich – angeblich – eine haarsträubende Geschichte nach der nächsten zugetragen hat. Doch am Meer angekommen, muss Labensky sich der Wahrheit stellen.

Krimi-Fans kennen Michael Tsokos als Autor haarsträubender True-Crime-Thriller – seine Bücher sind regelmäßig auf der Spiegel-Bestseller-Liste zu finden. Nach dem Tod seiner Eltern im vergangenen Jahr hat Deutschlands berühmtester Rechtsmediziner seinen Direktorenjob an der Berliner Charité an den Nagel gehängt und widmet sich nun seinen zahlreichen anderen Interessen und Verpflichtungen – zum Beispiel seiner Frau Anja. Mit ihr zusammen hat er diesen zu Herzen gehenden Episodenroman verfasst. Heinz Labensky – und seine Sicht auf die Dinge ist ein charmanter Roadtrip-Roman voller kruder Charaktere und mit viel warmherzigem Humor, der ganz nebenbei Einblicke in das Leben in der ehemaligen DDR liefert.

Unser geteilter Sommer

Ella ist acht Jahre alt, als ihre Eltern versuchen, mit ihr und den beiden jüngeren Brüdern über die ungarische Grenze zu fliehen. Der Fluchtversuch scheitert katastrophal: Der Vater wird erschossen, die Mutter verhaftet, zwei der Kinder zur linientreuen Oma gebracht. Was mit dem erst zweijährigen Heiko geschieht, erfährt Ella, die Ich-Erzählerin, nicht.

Zwanzig Jahre später versucht sie, das Rätsel zu lüften. In Ostberlin trifft Ella den englischen Praktikanten Aaron, der aus geschredderten Aktenfetzen aus dem Stasiarchiv die Wahrheit zusammenpuzzeln will. Irgendwo in den Säcken voller Papierschnipsel liegt die Antwort auf eine quälende Frage: Wer hat die Familie damals verraten?

Die Londoner Journalistin und Autorin Sophie Hardach wurde in Deutschland geboren, hat aber den größten Teil ihres Lebens woanders verbracht. In Unser geteilter Sommer widmet sie sich der Frage, was in der DDR mit Kindern geschah, deren Eltern aus politischen Gründen inhaftiert wurden. Plastisch und berührend.

30 Jahre Mauerfall: Die besten Hörbücher zur Wende

Wir sehen uns unter den Linden

Kurz vor Kriegsende wird Susannes Vater, ein Lehrer und Sozialist, vor den Augen seiner 16-jährigen Tochter von der Gestapo erschossen. Das schreckliche Erlebnis hat Susanne geprägt. Und so widmet sie sich mit all ihrer Kraft dem Aufbau eines neuen, besseren Deutschlands – eines Landes, in dem der Sozialismus alle Menschen zu Schwestern und Brüdern macht.

Doch dann verliebt sie sich in den freiheitsliebenden Koch Kelmi und beginnt, ihr Land mit anderen Augen zu sehen. Während Susanne noch mit sich hadert, schafft die DDR Fakten: Eine Mauer, quer durch die Stadt, trennt die Liebenden.

Emotionale Liebes- und Familiengeschichten vor historischem Hintergrund sind die Spezialität der in Berlin geborenen Autorin Charlotte Roth. Elisabeth Günther, die alle historischen Romane von Charlotte Roth liest, leiht auch Wir sehen uns unter den Linden ihr warmes Timbre.

Die fremde Spionin

1961, Ostberlin. Ria Nachtmann arbeitet als Sekretärin im Ministerium für Außenhandel. Doch die Erinnerungen an ihre Kindheit lassen der 21-Jährigen keine Ruhe: Mit zehn Jahren wurde sie von ihrer Familie getrennt und in einer Adoptivfamilie untergebracht. Als der BND sie als Spionin anwerben will, sieht Ria ihre Chance gekommen, ihre Schwester Jolanthe wiederzufinden und sich am DDR-Regime zu rächen. Tatsächlich erfährt Ria von einem schockierenden Geheimplan. Sie ahnt allerdings nicht, dass der KGB ihr auf den Spuren ist.

Autor Titus Müller strickt in seinem Spionage-Roman Die fremde Spionin einen spannenden, temporeichen Plot rund um den Bau der Berliner Mauer. Dabei schildert er anschaulich die brachialen Methoden, mit denen die Geheimdienste – ob BND oder KGB – zur Zeit des kalten Kriegs arbeiteten. Das Buch ist Auftakt einer Trilogie. Weiter geht es in „Das zweite Geheimnis“ mit den Jahren zwischen Mauerbau und Mauerfall.

In geheimer Mission: Die 10 besten Agententhriller

Am kürzeren Ende der Sonnenallee

Berlin in den 1970er-Jahren: Die Berliner Mauer trennt die Sonnenallee in einen längeren West- und einen kürzeren Ostteil. Am kürzeren Ende der Sonnenallee wohnen der 15-jährige Micha Kuppisch und seine Freunde. Sie hören dieselbe Musik, tragen dieselben uncoolen Klamotten und lieben dasselbe Mädchen: Miriam. Und sie bieten den kleinen und großen Absurditäten des Systems humorvoll und erfindungsreich die Stirn.

Von allen Romanen, die über das Leben in der DDR geschrieben wurden, ist Thomas Brussigs Coming-of-Age-Roman der wohl leichtfüßigste – steift er ernstere Aspekte doch nur am Rande oder überspitzt sie ins Groteske. Das hat dem Autor den Vorwurf der nostalgischen Verklärung eingebracht. Dagegen kann man einwenden, dass Am kürzeren Ende der Sonnenallee auch ein Roman über Erinnerung ist. Und die färbt bekanntlich gerade Jugendjahre in versöhnlichem Rosa.

Preisgekrönte Belletristik über das Leben in der DDR

Klug, kunstvoll, ambitioniert: Diese DDR-Romane wurden nicht umsonst mit renommierten Preisen bedacht.

In Zeiten des abnehmenden Lichts

Vier Männer, vier Generationen: Der Großvater ist überzeugter Kommunist. Der Vater glaubt trotz seiner Haftzeit in einem sowjetischen Lager an die Möglichkeit eines demokratischen Sozialismus. Der Enkel entscheidet sich für seine Freiheit und flieht kurz vor Mauerbau in den Westen. Für den Urenkel schließlich ist die DDR nur noch eine verschwommene Kindheitserinnerung.

Eugen Ruge hat seine Familiengeschichte als Material für seinen vielfach ausgezeichneten DDR-Roman-Bestseller In Zeiten des abnehmenden Lichts verwendet. Das merkt man an den glaubhaften Charakteren und detaillierten Beschreibungen des DDR-Alltags. In kurzen, präzisen Sätzen und mit viel Sinn für Komik erzählt Ruge vom Auseinanderbrechen einer Familie und zugleich von 52 Jahre Zeitgeschichte. Schauspieler Ulrich Noethen liest mit traumwandlerischem Gespür für die unterschiedlichen Charaktere.

Der Turm. Geschichte aus einem versunkenen Land

Dresden in den Jahren 1982 bis 1989: Christian Hoffmann will Arzt werden. Um die Chance auf einen Studienplatz zu bekommen, muss er sich für drei Jahre bei der Nationalen Volksarmee verpflichten. Sein Vater Richard ist erfolgreicher Chirurg und hat sich irgendwo zwischen Anpassung und Rebellion eingerichtet. Und Onkel Meno Rohde, der als Lektor in einem Verlag arbeitet, ist hin- und hergerissen zwischen den Vorgaben der Kulturpolitik und seinem Mitgefühl für die Autoren, die von der Zensur drangsaliert werden. 

Aus drei Perspektiven zeichnet Uwe Tellkamp in seinem mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichneten Roman Der Turm ein monumentales Panorama der untergehenden DDR. Wem für das tausendseitige Mammutwerk die Zeit fehlt, bekommt mit dieser gekürzten Hörbuchfassung ein Konzentrat des Romans, das sich bewusst auf den Erzählstrang um Christian Hoffmann fokussiert. Tellkamps poetische, manchmal fast altertümlich-verschnörkelte Sprache erfordert Konzentration.

Leben in der DDR: Autobiografien und Dokumentationen

Bespitzeln, schikanieren, wegsperren: Diese Autobiografien schildern aus erster Hand, wie skrupellos mit Regimegegnern in der DDR umgegangen wurde.

Krokodil im Nacken. Eine Jugend in der DDR und die Geschichte einer Flucht

Acht Schritte hin, acht Schritte zurück: Mehr Bewegungsspielraum hat Manfred Lenz im Stasi-Untersuchungsgefängnis Berlin-Hohenschönhausen nicht. Nach einem gescheiterten Fluchtversuch ist er in einer Einzelzelle inhaftiert. Um nicht verrückt zu werden, erinnert sich Lenz an seine Jugend in Ostberlin …

Manfred Lenz ist das Alter Ego des vielfach ausgezeichneten Jugendbuch-Schriftstellers Klaus Kordon. Kordon galt in der DDR als Vorzeigebürger. Doch er zweifelte zunehmend am Regime und entschloss sich 1972 zur Flucht über Bulgarien in den Westen. Der Versuch misslang; Kordon wurde festgenommen und fünf Monate lang in eine Einzelzelle gesperrt. In dieser Zeit dachte er sich viele der Romane aus, mit denen er später in der BRD Erfolge feierte. Davon erzählt Kordon in Krokodil im Nacken, dem ersten Teil seiner Autobiografie – persönlich, reflektiert und fesselnd. Die leicht gekürzte Hörbuchfassung liest der Autor selbst.

Ab jetzt ist Ruhe

Marions Vater: stellvertretender Minister für Kultur der DDR. Ihre drei älteren Brüder: Künstler, die voller Zorn gegen das politische System aufbegehren. Marion Brasch wächst im Schatten dieser Männer auf; wenig beachtet, eine Randfigur im eigenen Leben. Ihre Autobiografie Ab jetzt ist Ruhe erzählt aus einer manchmal kindlich-naiv anmutenden Perspektive von den Privilegien, Kämpfen und Dramen einer ganz und gar ungewöhnlichen Familie.

Die 1961 geborene Radiomoderatorin hat ihre berühmten Brüder Thomas, Peter und Klaus überlebt, die alle drei jung an einem toxischen Cocktail aus Medikamenten und Alkohol verstarben. Obwohl ihre Autobiografie auch eine Aufarbeitung dieser tragischen DDR-Familiengeschichte ist, findet die Autorin einen fast schwebenden Plauderton für ihre Erinnerungen.

Die Flucht aus der DDR

Jürgen will Ingenieur werden – doch weil er Kritik am System übt, wird er exmatrikuliert. Henriette, eine junge Ärztin, träumt von Venedig. Schließlich wagen beide mit ihren Familien die Flucht – wie so viele andere.

Etwa drei Millionen Menschen haben die DDR in den Jahren zwischen 1949 und 1989 verlassen, viele davon unter großen persönlichen Risiken. Einige haben die Flucht nicht überlebt. Daran erinnert das einstündige Feature Die Flucht aus der DDR von Hannelore Hippe. Und spürt zugleich der Frage nach, was es heißt, sein Hab und Gut, seine Verwandten und seine Freunde zurückzulassen und woanders neu anzufangen.

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