Dieser Text ist Teil einer Serie von Buchzusammenfassungen. Bei dieser Zusammenfassung des Buches Casanovas Heimfahrt von Arthur Schnitzler holte sich unser Redaktionsteam Unterstützung von Künstlicher Intelligenz. Alle Fakten sind von der Audible-Redaktion überprüft.
Titel | |
Autor | Arthur Schnitzler |
Erschienen | 1918 |
Umfang | ca. 156 Seiten |
Epoche | Frühes 20. Jahrhundert |
Genres | Novelle, Historische Fiktion, Psychologische Erzählung |
Handlungszeitraum | Ende des 18. Jahrhunderts |
Zentrale Themen | Alter und Vergänglichkeit Sehnsucht nach Jugend Erinnerung und Identität Liebe und Sexualität Macht und Manipulation |
Adaptionen | Casanovas Rückkehr (Film von Édouard Niermans, 1992) |
Bewertung |
Über Casanovas Heimfahrt
Arthur Schnitzlers Novelle Casanovas Heimfahrt aus dem Jahr 1918 zeichnet ein faszinierendes Porträt des alternden Verführers Giacomo Casanova. In diesem Werk, das zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstand, wird die Figur des Casanova als Sinnbild eines vitalistischen Lebensgefühls dargestellt. Schnitzler nutzt den berühmten Abenteurer jedoch nicht einfach als Projektionsfläche männlicher Fantasien, sondern stattet ihn mit inneren Widersprüchen aus. Zentrale Themen der Erzählung sind der Konflikt zwischen Männlichkeitswahn und dem unaufhaltsamen Prozess des Alterns.
Die Novelle spielt im Jahr 1778 und schildert Casanovas Rückkehr nach Venedig nach 25 Jahren im Exil. Schnitzler verarbeitet in dem Werk sowohl historische Fakten als auch frei erfundene Elemente. Bemerkenswert ist, dass der Autor zum Zeitpunkt des Verfassens etwa im gleichen Alter war wie sein Protagonist ist. Die Erzählung kann somit auch als Schnitzlers Auseinandersetzung mit dem eigenen Älterwerden interpretiert werden. In der Figur der Marcolina, einer jungen Mathematikstudentin, schuf Schnitzler zudem eine für sein Werk ungewöhnlich geistvolle weibliche Figur. Casanovas Heimfahrt gilt als eines der bedeutendsten Spätwerke Schnitzlers und wurde 1992 mit Alain Delon in der Hauptrolle verfilmt.
Handlung von Casanovas Heimfahrt
Der alternde Giacomo Casanova sehnt sich nach seiner Heimatstadt Venedig, aus der er vor Jahren verbannt wurde. Auf dem Weg dorthin macht er Halt bei seinem Freund Olivo und dessen Familie. Dort trifft er auf die junge, attraktive und gebildete Marcolina, die Nichte Olivos. Casanova ist sofort von ihr fasziniert, doch sie zeigt kein Interesse an ihm.
Während seines Aufenthalts bei Olivo nimmt Casanova an einem Kartenspiel teil, bei dem er eine beträchtliche Summe gewinnt. Er erfährt, dass Marcolina eine Affäre mit dem jungen Leutnant Lorenzi hat. Von Eifersucht und Begierde getrieben, schmiedet Casanova einen Plan: Er bietet Lorenzi Geld an, um dessen Platz in Marcolinas Bett einzunehmen. Lorenzi, der verschuldet ist, willigt widerwillig ein.
In der Nacht schleicht sich Casanova in Marcolinas Zimmer und verbringt die Nacht mit ihr, während sie glaubt, mit Lorenzi zusammen zu sein. Am Morgen entdeckt Marcolina den Betrug und ist entsetzt. Casanova flieht aus dem Zimmer, wird aber von Lorenzi zur Rede gestellt. Es kommt zu einem Duell, bei dem Casanova Lorenzi tötet.
Casanova flieht überstürzt und setzt seine Reise nach Venedig fort. Dort angekommen, trifft er seinen alten Gönner Bragadino, der ihm eine Stelle als Spion für die venezianische Regierung anbietet. Casanova, der keine andere Wahl sieht, nimmt das Angebot widerwillig an.
Die Novelle endet mit Casanovas ersten Erfahrungen zurück in Venedig. Er fühlt sich fremd in seiner Heimatstadt und hadert mit seiner neuen Rolle als Spion. Die Ereignisse der letzten Tage und die Begegnung mit Marcolina haben ihn tief erschüttert und lassen ihn über sein Leben und seine Zukunft nachdenken. Casanova erkennt, dass er alt geworden ist und seine besten Zeiten hinter ihm liegen. Die Geschichte schließt mit einem melancholischen Blick auf einen Mann, der versucht, sich in einer Welt zurechtzufinden, die sich verändert hat, während er selbst in der Vergangenheit verhaftet geblieben ist.
Ort und Zeit der Handlung
Die Novelle Casanovas Heimfahrt spielt hauptsächlich in Norditalien, genauer gesagt in der Umgebung von Mantua. Der Großteil der Handlung konzentriert sich auf ein Landgut, das dem Freund des Protagonisten gehört. Weitere wichtige Schauplätze sind ein nahegelegenes Kloster sowie die Stadt Mantua selbst. Gegen Ende der Geschichte verlagert sich die Handlung nach Venedig, Casanovas Heimatstadt, die er nach langer Abwesenheit wieder betritt.
Zeitlich ist die Erzählung im späten 18. Jahrhundert angesiedelt. Casanova ist 53 Jahre alt und befindet sich am Ende seiner abenteuerlichen Laufbahn. Die eigentliche Haupthandlung erstreckt sich über wenige Tage, in denen Casanova auf dem Landgut seines Freundes verweilt. Dabei werden jedoch durch Rückblenden und Erinnerungen weite Teile von Casanovas bewegtem Leben angedeutet. Der Kontrast zwischen seiner glanzvollen Vergangenheit und der eher ernüchternden Gegenwart bildet einen zentralen Aspekt der Geschichte.
Die wichtigsten Figuren in Casanovas Heimfahrt
Giacomo Casanova
Der Protagonist und Titelheld der Novelle. Ein alternder Abenteurer und ehemaliger Frauenheld, der nach jahrelanger Verbannung in seine Heimatstadt Venedig zurückkehren möchte. Casanova ringt mit seinem schwindenden Charme und seiner nachlassenden Anziehungskraft. Auf seiner Reise nach Venedig macht er Station bei seinem alten Freund Olivo, wo er sich in dessen junge Nichte Marcolina verliebt. In seiner Verzweiflung greift er zu einer List, um sie zu verführen. Casanovas innerer Konflikt zwischen Würde und Begierde steht im Mittelpunkt der Handlung.
Marcolina
Eine junge, schöne und intelligente Frau, die bei ihrem Onkel Olivo zu Gast ist. Sie studiert Mathematik und zeigt sich Casanovas Avancen gegenüber zunächst unbeeindruckt. Marcolina verkörpert Jugend und geistige Frische – Eigenschaften, die Casanova schmerzlich vermisst. Ihre Ablehnung verstärkt seine Krise. Gleichzeitig hat sie eine Affäre mit dem jungen Leutnant Lorenzi, was Casanova zu einer verhängnisvollen Intrige veranlasst.
Olivo
Ein alter Freund Casanovas, der ihn auf seinem Landgut empfängt. Olivo ist ein gutmütiger und naiver Gastgeber, der Casanova bewundert und ihm dankbar ist für frühere Gefälligkeiten. Er ahnt nichts von Casanovas Begehren für seine Nichte Marcolina.
Amalia
Olivos Ehefrau und eine ehemalige Geliebte Casanovas. Sie hegt noch immer romantische Gefühle für ihn, die er jedoch nicht erwidert. Amalias unerfüllte Sehnsucht kontrastiert mit Casanovas neuem Verlangen nach Marcolina.
Leutnant Lorenzi
Ein junger, gutaussehender Offizier und Marcolinas heimlicher Geliebter. Er verkörpert all das, was Casanova einst war und nicht mehr sein kann. Lorenzi ist in Spielschulden verstrickt und lässt sich auf einen fragwürdigen Handel mit Casanova ein.
Leitmotive und Hintergrund
Arthur Schnitzlers Novelle Casanovas Heimfahrt entstand gegen Ende des Ersten Weltkriegs im Sommer 1918. Das Werk spiegelt die gesellschaftlichen und kulturellen Umbrüche dieser Zeit wider. Schnitzler, selbst ein Vertreter der Wiener Moderne, verarbeitet darin Themen wie Altern, Vergänglichkeit und den Verlust von Illusionen. Der alternde Casanova steht symbolisch für eine untergehende Epoche und Lebensweise.
Ein zentrales Leitmotiv ist der Konflikt zwischen Jugend und Alter. Casanova sieht sich mit seinem Älterwerden konfrontiert und versucht verzweifelt, seine frühere Anziehungskraft wiederzuerlangen. Dabei bedient sich Schnitzler einer präzisen psychologischen Darstellung der Figuren. Die inneren Konflikte und moralischen Dilemmata werden durch den Einsatz des inneren Monologs verdeutlicht. Auch die Doppelmoral der Gesellschaft und die Rolle der Frau werden kritisch beleuchtet. Marcolina verkörpert als gebildete, selbstständige Frau einen neuen Typus, der Casanovas überholte Vorstellungen herausfordert.
Stilistisch zeichnet sich das Werk durch eine elegante, nuancierte Sprache aus. Schnitzler verwendet zahlreiche Metaphern und Symbole, um die Atmosphäre des Verfalls und der Melancholie zu unterstreichen. Die Handlung folgt einer kunstvollen Dramaturgie mit mehreren Wendepunkten, die die zunehmende Verzweiflung des Protagonisten verdeutlichen. Durch die Gegenüberstellung von Casanovas Erinnerungen und der ernüchternden Gegenwart entsteht eine vielschichtige Erzählung über die Vergänglichkeit von Ruhm und Schönheit. Schnitzler verarbeitet darin auch persönliche Erfahrungen mit dem Älterwerden und dem Wandel der Gesellschaft zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
Rezeption und Wirkung
Arthur Schnitzlers Novelle Casanovas Heimfahrt wurde bei ihrer Veröffentlichung 1918 von der Kritik überwiegend positiv aufgenommen. Das Werk galt als gelungene psychologische Studie eines alternden Verführers und wurde für seine sprachliche Eleganz gelobt. Insbesondere die vielschichtige Darstellung Casanovas als zerrissene Figur zwischen Vitalität und Vergänglichkeit fand Anklang.
In der Literaturwissenschaft wird die Novelle heute als wichtiger Beitrag zur Dekonstruktion des Casanova-Mythos gesehen. Schnitzler zeichnet ein differenziertes Bild des berühmten Verführers, das dessen innere Widersprüche und die Schattenseiten des Alterns schonungslos offenlegt. Dadurch entlarvt er den Männlichkeitswahn der Jahrhundertwende und hinterfragt gängige Geschlechterrollen. Die Figur der Marcolina als gebildete, selbstbestimmte Frau wird als fortschrittlich für die damalige Zeit gewertet.
Bis heute hat Casanovas Heimfahrt nichts von seiner Aktualität eingebüßt. Die Novelle regt zum Nachdenken über Alter, Identität und gesellschaftliche Erwartungen an. Ihre zeitlose Thematik und psychologische Tiefe machen sie zu einem beliebten Schultext. Auch in der Populärkultur wirkt das Werk nach, wie die Verfilmung mit Alain Delon 1992 zeigt. So bleibt Schnitzlers Dekonstruktion des Casanova-Mythos weiterhin relevant für heutige Diskurse über Männlichkeit und Altern.
Wissenswertes zu Casanovas Heimfahrt
Die Novelle wurde 1918 veröffentlicht, als Arthur Schnitzler 56 Jahre alt war. Interessanterweise ist der Protagonist Casanova im Buch 53 Jahre alt, also etwa im gleichen Alter wie der Autor.
Schnitzler wurde zu dem Werk durch die 1913 auf Deutsch erschienenen Memoiren des echten Giacomo Casanova inspiriert. Allerdings ist die Handlung der Novelle frei erfunden.
Das Manuskript von Casanovas Heimfahrt schenkte Schnitzler seiner Frau Olga, nachdem er es ihr am 1. Oktober 1917 vorgelesen hatte. Es befindet sich heute in der Universitätsbibliothek Bielefeld.
Die Novelle thematisiert das Altern und den Verlust der Männlichkeit anhand der Figur des alternden Verführers Casanova. Sie steht damit im Kontrast zum sonst oft idealisierten Bild Casanovas in der Literatur.
Mit der Figur der Marcolina schuf Schnitzler eine für sein Werk ungewöhnliche weibliche Figur, die sich durch überlegenen Geist und Bildung auszeichnet. Sie studiert Mathematik und diskutiert auf Augenhöhe mit Casanova.
1992 wurde Casanovas Heimfahrt von Édouard Niermans mit Alain Delon in der Hauptrolle verfilmt. Der Film trägt den deutschen Titel Casanovas Rückkehr.
In der Novelle wird Casanova als alternder, verarmter Mann dargestellt, der nach Venedig zurückkehren will. Dies steht im Kontrast zum sonst üblichen Bild des jugendlichen Abenteurers.
Schnitzler lässt Casanova am Ende als Spion für Venedig arbeiten - ein historisch belegtes Detail aus Casanovas späteren Jahren. Der Autor verknüpft so Fiktion mit historischen Fakten.
Das Werk wurde von Literaturwissenschaftlern vielfach interpretiert, unter anderem als Auseinandersetzung mit dem Alterungsprozess und als Flucht Schnitzlers vor der Kriegsrealität in die Vergangenheit.
Casanovas Heimfahrt auf Audible
Christian Futterknecht liest die Erzählung über einen alternden Verführer. Seine Interpretation beleuchtet die inneren Konflikte und Zweifel der Hauptfigur auf einfühlsame Weise.
Titel | Jahr | Sprache | Erzähler | Dauer | Bewertung |
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2008 | Deutsch | Christian Futterknecht | 04:44 | 4,7 / 5 |
Gert Westphal verleiht dem gealterten Protagonisten in dieser ungekürzten Lesung von 1998 seine Stimme. Seine Interpretation lässt die Verzweiflung und Selbsterkenntnis des einstigen Helden greifbar werden.
Titel | Jahr | Sprache | Erzähler | Dauer | Bewertung |
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1998 | Deutsch | Gert Westphal | 04:32 | 4,5 / 5 |
Lambert Hamel präsentiert in dieser Live-Lesung eine gekürzte Version der Geschichte. Seine Darstellung konzentriert sich auf die amüsanten Aspekte der Erzählung.
Titel | Jahr | Sprache | Erzähler | Dauer | Bewertung |
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2008 | Deutsch | Lambert Hamel | 01:50 | 4,0 / 5 |
Brigitte Trübenbach interpretiert die Novelle aus einer weiblichen Perspektive. Ihre Lesung betont die emotionalen Nuancen und die melancholische Stimmung der Erzählung.
Titel | Jahr | Sprache | Erzähler | Dauer | Bewertung |
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2009 | Deutsch | Brigitte Trübenbach | 05:06 | 4,2 / 5 |
Über Arthur Schnitzler
Arthur Schnitzler war ein bedeutender österreichischer Schriftsteller und Dramatiker der Wiener Moderne. Geboren 1862 als Sohn eines jüdischen Arztes, studierte er selbst zunächst Medizin, bevor er sich ganz der Literatur widmete. In seinen Werken thematisierte Schnitzler auf psychologisch feinfühlige Weise die Wiener Gesellschaft um 1900 mit all ihren Widersprüchen, Tabus und versteckten Sehnsüchten.
Schnitzlers literarisches Schaffen umfasste Dramen, Erzählungen und Romane. Zu seinen bekanntesten Werken zählen der Einakterzyklus Reigen, die Novelle Leutnant Gustl und das Drama Professor Bernhardi. Viele seiner Stücke sorgten bei ihrer Uraufführung für Skandale, da sie offen Themen wie Sexualität und gesellschaftliche Doppelmoral behandelten. Schnitzler gilt als Meister des inneren Monologs und der psychologischen Analyse seiner Figuren.
Neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit führte Schnitzler über Jahrzehnte hinweg akribisch Tagebuch, das einen faszinierenden Einblick in das kulturelle und gesellschaftliche Leben Wiens um die Jahrhundertwende gibt. Trotz anhaltender Anfeindungen aufgrund seiner jüdischen Herkunft blieb er bis zu seinem Tod 1931 in Wien. Sein Werk erlangte erst nach dem Zweiten Weltkrieg wieder die verdiente Anerkennung und gilt heute als bedeutender Teil der deutschsprachigen Literatur des frühen 20. Jahrhunderts.