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"Was man von hier aus sehen kann" von Mariana Leky – liebevoller Blick aufs Dorf

"Was man von hier aus sehen kann" von Mariana Leky – liebevoller Blick aufs Dorf

Titel

Was man von hier aus sehen kann

Autor

Mariana Lekey

Sprecher

Sandra Hüller

Spieldauer

8 Std. und 2 Min.

Bewertung von Audiblehörern

4,7 / 5


Unsere Audible Essentials Bewertung von "Was man von hier aus sehen kann"

Story

★★★☆☆

Originalität

★★★★☆

Spannung

★★★☆☆

Schreibstil

★★★★☆

Empfehlung

★★★★☆


Das Buch ist gut, weil …

  • die Autorin die verschiedenen Charaktere und ihre Eigenheiten sehr anschaulich und mit viel Empathie beschreibt.

  • sich hinter der vermeintlich kindlichen Erzählperspektive große Themen wie Freundschaft und Verlust, Leben und Tod, Liebe und Verzweiflung verbergen.

  • die Autorin ihre Botschaften geschickt über die Figuren und die Handlung verpackt.

Das Buch ist problematisch, weil …

  • die naiv anmutende, langsame Erzählweise etwas Geduld verlangt: Erst gegen Ende des Buches wird der Inhalt klar, und welche Bedeutung manche Details haben.

  • die Autorin fantastische und märchenhafte Elemente mit einer realistischen Handlung kombiniert.

  • manche Figuren ziemlich plakativ wirken.

Was man von hier aus sehen kann

Zusammenfassung von "Was man von hier aus sehen kann"

Die Handlung des Romans setzt Anfang der 1980er Jahre ein. Die 10-jährige Luise schildert das Geschehen in einem Dorf im Westerwald aus kindlicher Sicht. Das Dorf ist in heller Aufregung, da Luises Großmutter Selma von einem Okapi geträumt hat. Das Erscheinen eines Okapi wird als ein Zeichen gedeutet, dass jemand im Dorf innerhalb der nächsten 24 Stunden sterben wird. Doch wen wird es treffen? Luise beschreibt, wie die Menschen im Dorf auf Selmas Traum reagieren. Manche wollen noch etwas Wichtiges regeln oder mitteilen. 

Die Abergläubischen wie auch die Skeptiker, zu denen auch Luises Vater gehört, diskutieren über den Traum. Ganz nebenbei erzählt Luise von den Beziehungen der Menschen untereinander: dem gewalttätigen, trunksüchtigen Vater ihres Freundes Martin, von den Marotten ihrer eigenen Eltern, der abergläubischen Großtante Elsbeth und vom im Krieg verschwundenen Großvater.

Das ganze Dorf weiß, wie sehr der hilfsbereite Optiker in Luises Großmutter Selma verliebt ist. Doch er ist davon überzeugt, dass er seine Gefühle vor den Blicken der anderen bestens versteckt.

Eingängige Sprache mit tiefsinniger Botschaft

Das Buch beschreibt, wie die Menschen in Luises Dorf mit dem Tod umgehen. Die älteren unter ihnen sehen ihm gefasst ins Auge. Manche spüren, dass sie noch wichtige Dinge regeln müssen. Andere überrascht der Tod. Als Kind, und nochmals als junge Frau, trifft Luise der Verlust von drei nahestehenden Menschen und sie erlebt, wie die Dorfgemeinschaft daran Anteil nimmt.

Anhand des dörflichen Alltags charakterisiert Luise die Menschen um sie herum liebevoll, ohne zu werten oder sie lächerlich zu machen.

Charaktere von "Was man von hier aus sehen kann"

Luise 

Luise ist die Ich-Erzählerin in Mariana Lekys "Was man von hier aus sehen kann" und schildert die Menschen im Dorf als 10-Jährige, mit Anfang 20 und schließlich mit Anfang 30.

Selma 

Selma ist Luises verwitwete Großmutter, die in einem windschiefen Häuschen am Dorfrand lebt. Wann immer Selma von Okapis träumt, ist das Dorf alarmiert.

Luises Vater

Luises Vater ist der behandelnde Arzt im Dorf. Er hat einen Mischlingshund Alaska, eine Metapher für eingeschlossenen Schmerz, wie er meint. Er selbst geht wegen Selmas Traum zu einem Analytiker und bricht schließlich zu einer Weltreise auf.

Luises Mutter

Luises Mutter betreibt einen Blumenladen, ist fast nie zuhause und möchte sich seit Jahren von ihrem Mann trennen.

Dietrich Hanberg, der Optiker

Dietrich Hanberg ist Selmas uneingestandener Verehrer und derjenige, der den Menschen im Dorf das Sehen erleichtert - mit Sehhilfen genauso wie mit seinen Weisheiten.

Martin

Martin ist Luises Freund aus Kindertagen, der unter seinem alleinerziehenden Vater Palm leidet, der oft betrunken ist und gewalttätig wird.

Frederik

Frederik ist ein buddhistischer Mönch aus Japan, den es immer wieder in den Westerwald zieht.

Kritik von "Was man von hier aus sehen kann"

Mariana Lekys Roman "Was man von hier aus sehen kann" wirkt wie aus der Zeit gefallen. Die Autorin beschreibt einen vom Weltgeschehen nahezu unberührten Dorfkosmos in den 80er und 90er Jahren als Hintergrund einer sich spät und langsam entwickelnden Liebesgeschichte. Der Roman ist daher nichts für ungeduldige Leser, die actionreiche Handlung schätzen. Wer allerdings die Geduld aufbringt, wird mit überraschenden Wendungen und skurrilen Einfällen belohnt.

Zu Beginn des Buches ist Selmas Enkelin Luise 10 Jahre alt. Diese Erzählperspektive macht den Großteil des Romans aus. Dafür hat Leky eine naive und dennoch hellsichtige Sprache gewählt. Allerdings reizt sie Stilmittel wie Wiederholungen, Analogien und Metaphern aus.

Die Schicksalsgemeinschaft im Dorf wird als idyllisch und warmherzig beschrieben. Dabei gäben einige traurige Figuren und verkrachte Existenzen echten Grund zur Sorge, etwa der oft betrunkene Jäger Palm, seine brutalen Erziehungsmethoden, die offensichtlich depressive Marlies.

Für mich ist der Roman mehr Märchen als Realismus, mehr Magie als Realität. Denn Mariana Leky blendet einiges aus: Warum sollte eine junge Frau wie Luise nicht aus der Enge ihres Dorfes ausbrechen und die Welt kennenlernen wollen? Große Themen der Zeit - wie die Aufrüstung, der Unfall im Atomkraftwerk Tschernobyl oder die Wiedervereinigung - werden nicht thematisiert. Die Figuren wirken auf mich etwas holzschnittartig, trotz der klugen Gedanken und Gefühle, die ihnen die Autorin zuschreibt.

Was andere über "Was man von hier aus sehen kann" sagen:

Die Freude am Repetitiven und am Erwartbaren, das dann aber doch im letzten Moment in eine Überraschung umschlägt, hat [...] eher kindliche Qualitäten. [...]  Das alles spricht aber keineswegs gegen diesen sorgfältig konstruierten Roman, denn - und das ist ja das Schöne an Kinderbuchlandschaften - es ist eine ganz und gar unspießige Gegenwelt, in der die Menschen einander helfend zur Seite stehen und sich in ihren Eigenarten und Skurrilitäten gelten lassen.

Süddeutsche Zeitung


Die Wirklichkeit ist bunter, vielfältiger und überraschender, als es auf den ersten Blick scheint. Diese grundsympathische Arbeitshypothese hat Lekys Roman über ein Dorf im Westerwald dank der Empfehlungen der deutschen Buchhändlerinnen und Buchhändler zum Bestseller des Jahres gemacht. Leky lässt in diesem Buch die Zügel ihrer Phantasie schießen und schafft es dank ihres disziplinierten Schreibstils, der deutschen Provinz ein wenig von der Magie von Gabriel Garcia Marquez‘ Macondo einzuhauchen.

Das Erste


Lekys Spezialität sind Personifizierungen und literarisierte Metaphern. [...] So lässt die Autorin regelmäßig ‚die Verstockung’ oder ‚die Wahrheit’ figürlich in Erscheinung treten. [...] Mit handwerklichem Geschick setzt Mariana Leky viele gelungene Pointen und konstruiert unerwartete Wendungen.

Deutschlandfunk


Ausgewählte Audible Bewertungen

★★★★★ "Was selten vorkommt: Dass ich ein Hörbuch nach dem Beenden direkt nochmals von vorne anfange. Ja, bei diesem Hörbuch war das so. Nicht, weil es so kompliziert, sondern weil es einfach so schön war und ich mich auch an der Sprecherin einfach nicht satt hören konnte."

Audible Hörerin Ute



★★★★★ "Die Geschichte von Luise ist so dicht und einfühlsam erzählt, dass sie mein Herz und meinen Verstand erobert hat. Ich habe jeden einzelnen Satz genossen - wie eine Praline oder eine Melodie. Die Welt von Luise ist alles andere als heil, aber dennoch beneide ich sie um diese, teils skurrile, Dorfgemeinschaft, denn trotz ihrer Ticks gehen sie unglaublich liebevoll miteinander um. Sandra Hüller liest phantastisch! Als ob es ihr Buch wäre. Ich fühle mich durch diese Buch beschenkt und bereichert. Danke."

Audible Hörer:in sa4ier



★★★☆☆ "Ich bin mit großer Vorfreude an dieses Hörbuch ran gegangen und es hat mich leider emotional nicht erreicht. Vielleicht lag es an der anfangs kindlichen Art der Erzählung, die ich grundsätzlich nicht mag. Die Sprecherin ist für dieses Werk die perfekte Wahl aber mein Fall war es einfach nicht. Der tiefere Sinn der Geschichte blieb mir leider verborgen.."

Audible Hörerin Ines  



★★★☆☆ "Ich ließ mich sehr auf die Okapiesache und den ersten großen Verlust im Buch ein und dann veränderte sich die Erzählung und ich wartete insgeheim, dass es nochmal wirklich von Bedeutung werden würde. Teilweise hatte ich auch den Eindruck, die Geschichte soll mystischer und tiefsinniger rüber kommen, als sie es am Ende tatsächlich ist. Vielleicht höre ich es nach einiger Zeit nochmal und entdecke dann neue Aspekte, die mir vorher entgangen sind."

Audible Hörer:in CherryBerry   



FAQ zu "Was man von hier aus sehen kann"

Was man von hier aus sehen kann - wie interpretieren?

Mariana Leky wollte in ihrem Buch eine Welt schaffen, in der das Tagesgeschehen keine Rolle spielt. Sie wollte, dass die Menschen in einer bestimmten Zeitlosigkeit stehen. Sie lässt sie in einer Liebesgeschichte ergründen, wie viel man voneinander sehen kann, wenn man sich gar nicht sieht. Deshalb spielt ihr Roman in den 80er und 90er Jahren: Handys gab es noch nicht, die Liebenden müssen sich Briefe schreiben, wenn der andere nicht sichtbar ist. Das Motiv des "Sehens" zieht sich durch das ganze Buch und ist das Thema des Prologs.

Wo lebt Mariana Leky?

Mariana Leky lebt in Berlin und Köln.

Wer hat Mariana Lekys "Was man von hier aus sehen kann" verfilmt?

Der Bestseller "Was man von hier aus sehen kann" wurde unter der Regie von Aron Lehmann verfilmt und kam im Dezember 2022 in die deutschen Kinos. In den Hauptrollen spielten Luna Wedler als erwachsene Luise, Corinna Harfouch als Selma und Karl Markovics als Optiker.

Wo wurde gedreht?

Drehort für die Verfilmung von Mariana Lekys "Was man von hier aus sehen kann" war unter anderem Ulrichstein im Vogelsberg. Hessens höchstgelegene und etwas nostalgische Stadt hat gerade einmal etwa 3000 Einwohner.

Wissenswertes

  • Mariana Lekys Eltern sind von Beruf Gesprächstherapeutin und Psychoanalytiker. Manch Interviewer fand dies eine gute Grundlage für eine Autorin, die sich im märchenhaften Fantasiebereich bewegt.

  • In Lekys Roman "Was man von hier aus sehen kann" spielt das Okapi in den Träumen des Protagonisten. Diese buntgestreifte Waldgiraffe, die eher im Kongo und einigen deutschen Zoos lebt, gewann damit unerwartete Popularität.

  • Keine der Figuren im Buch ist autobiografisch: Vielmehr hat Mariana Leky in einem Interview erzählt, dass sie die Figuren im Roman aus Sehnsucht nach solchen Leuten erfunden hat.

Über die Autorin Mariana Leky

Mariana Leky wurde 1973 geboren und wuchs in Köln auf. Sie hat schon als Kind begonnen, märchenhafte Geschichten zu erfinden. Sie hat einiges mit der Erzählerin Luise gemeinsam. Als Kind hat Mariana Leky viele Ferientage im Westerwald verbracht und wie Luise hat sie eine Buchhhandelslehre gemacht, allerdings abgebrochen. Später studierte sie Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus in Hildesheim. Mit "Liebesperlen" veröffentlichte sie 2001 ihren Debütband, eine Sammlung von Erzählungen. "Was man von hier aus sehen kann", 2017 erschienen, ist ihr fünftes Werk. Das Buch wurde zum Lieblingsbuch der unabhängigen Buchhändler gekürt und stand 65 Wochen lang auf der SPIEGEL-Bestsellerliste. 

Aufgrund der magischen Elemente in ihrem Roman wird ihr Schreibstil von einigen Rezensenten mit dem magischen Realismus südamerikanischer Autoren verglichen.

Weitere Bücher von Mariana Leky

Kummer aller Art
Die Herrenausstatterin
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