Audible-Logo, zur Startseite gehen
Audible-Hauptsite-Link

Frankfurter Buchmesse 2024: Die wichtigsten Sachbücher und Debatten

Frankfurter Buchmesse 2024: Die wichtigsten Sachbücher und Debatten

„Bei uns erleben Sie, literarisch gespiegelt, alle großen gesellschaftlichen Debatten aus der ganzen Welt“, kündigte Jürgen Boos, Direktor der Frankfurter Buchmesse, auf der Vorschau-Pressekonferenz für das kulturpolitische Programm 2024 an. Und er hat Wort gehalten. Die fünf Messetage deckten von Zukunftsforschung über Menschenrechtsfragen bis hin zu Weltpolitik und Digitalisierung alle Themen ab.

Das kulturpolitische Buchmesse-Programm stand 2024 unter dem Motto „Frankfurt Calling“. Prominente Autorinnen und Autoren wie Anne Applebaum, Dmitry Glukhovsky, Yuval Noah Harari und Eva Menasse diskutierten über Populismus, Klimakrise und die Kriege der Gegenwart. Der Fokus lag dabei auf Lösungsansätzen für eine lebenswerte Zukunft. Nicht ohne Grund berief sich das Motto auf den The-Clash-Song „London Calling“ aus dem Jahr 1979. Der Songtitel nahm damals Bezug auf eine BBC-Sendung, die während des Zweiten Weltkriegs positive Nachrichten in die Welt schickte. Darum, „gute Botschaften in die Welt zu geben“, gehe es auch bei der Buchmesse, so Jürgen Boos.

Große Themen, große Namen: Welche Fragen und Personen beschäftigten die Buchmesse?

Im Line-up von „Frankfurt Calling“ waren politische Größen, Social-Media-Stars und internationale Bestseller-Autorinnen und Autoren vertreten. Verschaffe dir einen Überblick über die wichtigsten Fragen und Bücher, die dieses Jahr auf der Frankfurter Buchmesse für Debatten sorgten.

Frage 1: Wie werden wir in Zukunft leben?

Am ersten Messeabend trafen zwei Lieferanten internationaler Bestseller aufeinander: Israels Star-Historiker Yuval Noah Harari und der japanische Philosoph Kohai Saito. Sie führten eine „kleine Diskussion zu den ganz großen Fragen“. Diese Fragen standen im Zeichen der aktuellen Veröffentlichungen der beiden Autoren.

Mit „Eine kurze Geschichte der Menschheit“ hat Israels Star-Historiker Yuval Noah Harari einen Superseller gelandet und mit „Homo Deus“ an den Erfolg angeschlossen. In seinem neuen Werk Nexus widmet Harari sich der Frage, wie der Austausch von (Fehl-)Informationen die menschliche Zivilisation geprägt hat und prägen wird. So lautet der Nexus-Untertitel „Eine kurze Geschichte der Informationsnetzwerke von der Steinzeit bis zur Künstlichen Intelligenz“.

An den zukunftsorientierten Ansatz von Hararis Aufschlüsselung menschlicher Kommunikationskultur knüpft Kohai Saitos Bestseller Systemsturz an.

In Systemsturz interpretiert der japanische Philosoph die Theorien von Karl Marx neu, und erklärt, warum Klimarettung und Wirtschaftswachstum nicht miteinander vereinbar sind. So fordert er den „Sieg der Natur über den Kapitalismus“ und zeigt auf, wie ein „new way of life“ ohne ökonomischen Größenwahn funktionieren kann. In Japan verkaufte sich das Buch über 500.000 Mal. Auch in Deutschland wurde es zum Spiegel-Bestseller.

Kurze Geschichten über alles und noch mehr: Das Beste von Harari und Co.

Frage 2: Wie können Autokratien gestoppt werden?

Zum Abschluss der Buchmesse nahm die amerikanisch-polnische Journalistin und Autorin Anne Applebaum in der Frankfurter Paulskirche den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels entgegen. Sie erhielt den Preis für ihre bahnbrechenden „Forschungen zur Wechselwirkung von Ökonomie und Demokratie sowie zu den Auswirkungen von Desinformation und Propaganda auf demokratische Gesellschaften“. Zuvor hatte Applebaum auf der Messe bereits ihr neues Buches vorgestellt.

In Die Achse der Autokraten erklärt die Autorin, wie die Diktatoren der Welt hinter den Kulissen zusammenarbeiten – von China bis Weißrussland, vom Iran bis Venezuela, von Syrien bis Russland. In meisterhaft recherchierten Beiträgen legt Applebaum dar, wie sich die Autokraten von heute gegenseitig unterstützen, indem sie einander zu Ressourcen, Sicherheit und Straffreiheit verhelfen. Die Folge ist die systematische Untergrabung westlicher Demokratien.

Weltgeschehen aus erster Hand: Die besten Biografien 2024 hören

Frage 3: Was bedeuten illiberale Zeiten für Autorinnen und Autoren?

Im Vorfeld der Buchmesse gab es erhitzte Debatten, weil der italienische Star-Autor Roberto Saviano nicht in die offizielle Delegation des diesjährigen Buchmesse-Ehrengasts Italien geladen wurde. Für 41 kritische Autorinnen und Autoren lag der Grund für seine Nicht-Berücksichtigung auf der Hand: Sie unterstellten politische Motive, weil Saviano erklärter Gegner der amtierenden postfaschistischen Regierung von Giorgia Meloni ist. Ein Aufruf zum Boykott des Ehrengast-Programms war die Folge.

Aber „Ausladung“ hin oder her: Saviano kam trotzdem zur Buchmesse. Auf Einladung seines deutschen Verlags war er unter anderem bei einem „Schreiben in illiberalen Zeiten“-Talk mit PEN-Berlin-Sprecher Denis Yücel in Aktion. Dabei ging es ganz allgemein um Zensur in autoritär regierten Staaten. Saviano nutzte die Gelegenheit, um das Publikum zu warnen: Die Begrenzung künstlerischer Freiheiten im Stil von Ungarn, der Türkei und eben Italien könne auch in Deutschland passieren.

Roberto Saviano stellte auf der Buchmesse auch sein jüngstes Werk Falcone vor. Es erzählt die Geschichte des realen sizilianischen Juristen Giovanni Falcone, der das letzte Jahrzehnt seines Lebens dem Kampf gegen die Mafia widmete – bis er 1992 einem bis heute nicht vollständig aufgeklärtem Bombenattentat zum Opfer fiel. Eine packende und schockierende Romanbiografie über die Verflechtungen von organisierter Kriminalität, Justiz und Politik.

Buchmesse-Ehrengast 2024: Diese Stars und Highlights bringt Italien nach Frankfurt

Frage 4: Kann BookTok den Populismus stoppen?

TikTok wird gleichermaßen von populistischen Parteien zur Stimmungsmache genutzt wie von der BookTok-Community zum Austausch über Diversität in der Literatur. Wie das zusammenpasst, und ob das eine das andere ausstechen kann? Das diskutierte bei „Frankfurt Calling“ eine Runde aus Literatur- und Medienschaffenden unter dem Motto: „Mit BookTok gegen Populismus auf TikTok: Kann Literaturkritik ein Gegengewicht zu politischem Extremismus sein?“. Mit dabei: Influencer Ole Liebl.

Ole Liebl ist auf TikTok und Instagram mit Exkursen über Queerfeminismus und toxische Männlichkeit bekannt geworden. Diese Themen verfolgt er in Freunde lieben. Die Revolte in unseren engsten Beziehungen weiter. Das Buch sorgte bereits auf der Leipziger Buchmesse für Aufsehen. Liebl hinterfragt darin die Vereinbarkeit von Freundschaft und Sex und entdeckt historische Modelle wie die „romantische Freundschaft“ neu. Seine Argumentation reicht von der Analyse des „Friends with Benefits“-Konzepts in Hollywood-Filmen und Popsongs bis hin zur Erörterung von dessen Potenzialen für unser gesellschaftliches Miteinander.

Mehr BookTok auf der Frankfurter Buchmesse: Erfahre alles über die TikTok Book Awards 2024

Frage 5: Was können Bücher zur Einhaltung der Menschenrechte beitragen?

Die Vereinten Nationen luden bei „Frankfurt Calling“ zu einer Diskussionsrunde mit dem Titel „Storytelling is a Human Right“. Dort ging es darum, inwiefern Bücher zur Vermittlung und Einhaltung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte beitragen können. Mit auf dem Podium: Journalistin und Autorin Shila Behjat. Sie vertrat in der Debatte feministische Standpunkte, die auch ihr aktuelles Buch prägen.

Söhne großziehen als Feministin ist Shila Behjats sehr persönliche Auseinandersetzung mit dem Umstand, dass sie Feministin und gleichzeitig Mutter zweier Söhne ist. Dabei reflektiert sie ihre eigene Prägung „als Tochter eines Iraners und einer deutschen sich selbst als solche bezeichnenden Feministin“ und vergleicht sie mit ihrer heutigen Rolle als Mutter zweier männlicher Nachkommen. Letztere sieht Behjat als „Herausforderung“, weil sie ihren Söhnen zwar feministische Ideale vermitteln, ihnen aber auch eine freie Entfaltung in der von sexistischen Normen geprägten Gegenwartsgesellschaft ermöglichen will – der Ausgangspunkt für eine erhellende Reflexion über Geschlechterrollen im Allgemeinen.

Vielfalt statt starrer Normen: Bücher, die Lust auf Diversität machen

Frage 6: Kann Literatur Debatten verändern?

Im Frankfurt Pavilion auf der Agora des Messegeländes trafen PEN-Berlin-Sprecherin Eva Menasse und die französische Autorin Maryam Madjidi aufeinander. Dort sprachen sie erst über das angeschlagene politische Verhältnis zwischen Frankreich und Deutschland. Aber auch die generelle Frage „Welche Rolle kann Literatur in diesen unruhigen Zeiten spielen?“ kam zum Tragen. Dabei rückten unweigerlich die Theorien aus Menasses jüngstem Essayband in den Fokus.

In Alles und nichts sagen vertritt die Autorin die These, dass nichts das menschliche Zusammenleben und dessen Debattenkultur so umfassend verändert hat wie die Digitalisierung. Ihre Themen sind dabei unter anderem „ansteckende Krankheiten, ansteckende Medien“, „die ideale Debatte und was von ihr übrig ist“ und „Angst und Anonymität, Masse und Moral“. Ein augenöffnendes Buch, das nicht nur die Spaltung der Gegenwartsgesellschaft erklärt, sondern auch zu einer neuen Debattenkultur ermutigt.

Anhören und mitreden: Mehr Hörbücher, die aktuelle Debatten vertiefen

Frage 7: Kann Europas Demokratie gegen Putin bestehen?

Der russische Schriftsteller Dmitry Glukhovsky ist vielen vor allem für seine apokalyptische „Metro“-Trilogie bekannt. Spätestens seit Russlands Angriff der Ukraine im Februar 2022 macht er aber auch mit öffentlicher Kritik am Putin-Regime Schlagzeilen. Diese brachte Glukhovsky in seiner Heimat den Status als „Ausländischer Agent“ ein. Er lebt heute im europäischen Exil. Auf der Buchmesse diskutierte er mit Memorial-Mitgründerin Irina Scherbakowa und Investigativ-Journalist Marcus Bensmann über ein Thema, das er auch in seinem aktuellen Buch verhandelt: „Russland: Putins langer Krieg gegen Europa“.

Nachdem Dmitry Glukhovsky in „Geschichten aus der Heimat“ erzählerische Vignetten über sein Heimatland vorlegte, liefert er mit Wir. Tagebuch eines Untergangs eine ungeschönte Chronik, die die zehn Jahre bis zum russischen Angriff auf die Ukraine nachzeichnet. Spöttisch, wütend und traurig zeichnet der Autor den Weg in den rückblickend erschreckend vorhersehbaren Krieg nach. Dabei ist er weniger Ankläger als Botschafter und Anwalt seiner Heimat.

So schreibt Glukhovsky schon im Vorwort: „Niemand erweist Russland einen größeren Bärendienst als all die ‚Putin-Versteher‘, die dem Tyrannen alles verzeihen, um ihn zum Frieden zu bewegen. Was wir aber in Russlands Nachbarstaaten dringend benötigen sind ‚Russland-Versteher‘, denn ohne Unterstützung von außen wird es meinem Land kaum gelingen, wieder ein menschlicher Staat zu werden.“

Wer Russland verstehen will, muss hören: Hörbücher, die Einblicke in Putins Reich gewähren

Frankfurt Calling-Bonusprogramm: Mehr Sachbuch-Highlights bei Audible entdecken

Von Biografie bis Philosophie: In der Audible-Kategorie Politik und Sozialwissenschaften findest du viele weitere aktuelle Bücher, die zu Debatten anregen. Falls du Audible noch nicht ausprobiert hast: Im Probemonat streamst du unbegrenzt Tausende von Hörbüchern, Hörspielen und Original Podcasts. Zusätzlich erhältst du einen kostenlosen Titel, den du für immer behalten kannst.

Tags