Anwältinnen, die gegen übermächtige Kartelle kämpfen. Strafverteidiger, die im Namen der Gerechtigkeit Gesetze beugen. Und Richter, die alles andere als unparteiisch sind: Wer diese Justizthriller hört, wird Juristen nie wieder für Erbsenzähler mit drögen Schreibtischjobs halten. Doch bevor es losgeht, klären wir noch schnell eine wichtige Frage.
Was sind Justizthriller?
Der Gerichts- oder Justizthriller ist ein Subgenre der Kriminalliteratur, bei dem der Ablauf des Gerichtsverfahrens – meist ein Mordprozess – einen großen Teil der Handlung einnimmt. Anders als im klassischen Detektivroman ist der Protagonist Anwalt. Der steckt in der Regel in einem moralisch-rechtlichen Dilemma. Zum Beispiel, weil er die Unschuld seines Mandanten nicht beweisen kann, ohne sich oder seine Angehörigen in höchste Gefahr zu bringen. In amerikanischen Justizthrillern droht dem Angeklagten häufig die Todesstrafe, was die Handlung noch spannender macht.
Viele Autoren von Justizthrillern waren selbst als Juristen tätig. Deshalb schildern sie Gerichtsverfahren besonders detailliert und glaubwürdig. Auch lassen sie oft juristische Fachsprache in ihre Romane einfließen. Viele Gerichtsthriller behandeln komplexe Themen, zum Beispiel soziale Gerechtigkeit, Ethik, Verantwortung und freier Wille.
Justizthriller, die in den USA spielen
In diesen Justizthrillern zersetzen Willkür, Rassismus und Korruption das US-amerikanische Justizsystem. Was davon wahr ist? Dazu weiß Bürgerrechtler Bryan Stevensons mehr – in unserem Sachbuch-Tipp.
Strafverteidiger Eddie Flynn steckt in einem Dilemma: Er soll einen Tech-Milliardär und mutmaßlichen Mörder dazu bringen, als Zeuge gegen eine Großkanzlei auszusagen. Die ist in einen globalen Betrugsfall verwickelt. Flynn will eigentlich nicht – doch das FBI erpresst ihn mit belastendem Material über seine Ehefrau Christine. Als Christine ins Visier der skrupellosen Kanzlei gerät und sein Mandant sich als unschuldig entpuppt, muss Flynn Gegen alle Regeln spielen.
Nach „Zu wenig Zeit zum Sterben“ ist dies der zweite Fall für Eddie Flynn, New Yorker Strafverteidiger und ehemaliger Trickbetrüger mit guten Verbindungen zum organisierten Verbrechen. Und der hat es in sich. Flynns Erfinder, der nordirische Autor Steve Cavanagh arbeitete sich in Dublin wortwörtlich hoch vom Tellerwäscher – nun ja, nicht direkt zum Millionär, aber immerhin an die Spitze der Bestsellerlisten mit seinen Justizthrillern um den Anwalt Eddie Flynn. Die spielen nicht in Irland, sondern in New York. Der sympathische Anwalt handelt nicht immer ganz regelkonform, schließlich war sein Vater ein Taschendieb, und der Apfel fällt bekanntlich nicht weit vom Stamm.
Von New York geht es in die Südstaaten: Keith und Hugh, beide in den Sechzigerjahren mit ihren Familien nach Mississippi eingewandert, sind beste Freunde. Bis sie sich auf verschiedenen Seiten des Gesetzes wiederfinden. Keith arbeitet nach seinem Jurastudium als Staatsanwalt. Hugh ist ein gesuchter Mafioso. Aus den einstigen Kindheitsfreunden sind erbitterte Feinde geworden. Ihr Duell gipfelt in einem dramatischen Finale vor Gericht.
John Grisham hat das Subgenre geprägt wie kein Zweiter – und liefert bereits seit 1989 jedes Jahr zuverlässig einen neuen, packenden Justizthriller ab. Elf seiner mehr als 30 Romane wurden verfilmt. Bevor er sich ganz seiner Schriftsteller-Karriere widmete, hat Grisham knapp zehn Jahre lang als Anwalt praktiziert.
Die Inspiration für Grishams ersten Justizthriller lieferte die Begegnung mit einer minderjährigen Gewaltüberlebenden vor Gericht. Grisham malte sich aus, was passiert wäre, wenn der Vater die Angreifer des Mädchens ermordet hätte. Heraus kam Die Jury.
Hinweis: Das Buch thematisiert sexuelle Gewalt. Bitte entscheide eigenverantwortlich, ob du dich dem aussetzen möchtest.
Die Handlung: Zwei Männer vergehen sich an der zehnjährige Tonya. Wenige Tage später erschießt Tonyas Vater Carl Lee Hailey die geständigen Täter vor dem Gerichtsgebäude. Der Fall von Selbstjustiz wühlt ganz Amerika auf. Denn die beiden toten Gewaltverbrecher waren – ebenso wie Staatsanwalt und Richter – Weiße; Hailey ist eine Person of Color. Und schon bald brennt in dem kleinen Südstaatenort Claton nicht nur die Luft.
Grishams erstes Manuskript wurde von mehr als zwei Dutzend Verlagen abgewiesen, bevor es unter dem Original-Titel „Time to Kill“ erschien. Der Rest ist eine sagenhafte Erfolgsgeschichte: Grishams Justizthriller haben inzwischen eine Gesamtauflage von 275 Millionen Exemplaren erreicht und wurden in 42 Sprachen übersetzt. Charles Brauer spricht seit mehr als 30 Jahren alle Grisham-Romane ein.
Eigentlich hat Detective Harry Bosch dem Los Angeles Police Department den Rücken gekehrt: Nach 19 aufregenden Fällen ist er in die wohlverdiente Rente gegangen. Doch sein Halbbruder, Anwalt Mickey Haller, steckt in Schwierigkeiten. Eine Frau wurde brutal ermordet und alle Indizien deuten auf einen von Hallers Klienten hin. Mickey aber ist davon überzeugt, dass der unschuldig ist. Ehrensache, dass sich Bosch mit der ihm eigenen Hartnäckigkeit auf die Suche nach der Wahrheit macht.
Nomen est omen: Harrys Bosch, Held der gleichnamigen Serie, heißt eigentlich „Hieronymus“ mit Vornamen – und damit genauso wie der mittelalterliche Maler, dessen Malereien Wimmelbildern voller Monster und Dämonen gleichen. Wie der Maler versucht Moralist Bosch, Ordnung in eine chaotische, furchterregende Welt zu bringen.
Der erste Teil der Serie ist 1992 unter dem Titel „The Black Echo“ erschienen und wurde gleich mit dem Edgar Allan Poe Award für das beste Krimidebüt des Jahres ausgezeichnet. Auf Michael Connellys populären Justizthrillern basiert die von Amazon Studios produzierte Krimiserie „Bosch“. Anwalt Mickey Haller hat Connelly eine eigene Justizthriller-Serie gewidmet, von der bisher nur der vierte Teil – „Götter der Schuld“ – als Hörbuch auf Deutsch vorliegt.
Obwohl teilweise von realen Ereignissen inspiriert, bleiben die bisher vorgestellten Justizthriller doch Fiktionen. Wer wissen will, wie es tatsächlich in den USA um das Thema Gerechtigkeit bestellt ist, sollte Bryan Stevensons aufwühlendes Sachbuch Ohne Gnade. Polizeigewalt und Justizwillkür in den USA hören.
Autor Bryan Stevenson, US-amerikanischer Jurist und Bürgerrechtler, schildert faktenreich und fesselnd, wie häufig People of Color in den USA zu Opfern rassistischer Polizei- und Justizbeamten werden. Stevenson erzählt von Menschen, die unschuldig in der Todeszelle sitzen, von Jugendlichen, die Jahre ihres Lebens in Isolationshaft verbringen, von willkürlichen Verhaftungen und ungeheurer Brutalität. Sein Buch ist spannend wie ein Justizthriller, zugleich eine brillante Gesellschaftsanalyse – und hinterlässt einen fassungslos.
Justizthriller mit toughen Anwältinnen
Die Heldinnen dieser ungewöhnlich brutalen Justizthriller mussten schon immer mehr kämpfen als ihre männlichen Kollegen. Zudem haben sie Gewalterfahrungen in der Kindheit geprägt. Nun stehen sie auf der Seite des Gesetzes – und lassen Gewaltverbrecher seine ganze Härte spüren. Doch manchmal reicht selbst das nicht, damit den Opfern Gerechtigkeit widerfährt.
Auf einer Mülldeponie wird die Leiche einer jungen Frau gefunden: missbraucht, enthauptet, mit einem tätowierten Blitz auf der Schulter. Staatsanwältin C. J. Townsend erkennt die Handschrift eines perversen „Clubs“, der für seine Mitglieder Snuff-Videos produziert. Und sie kennt die Namen seiner Mitglieder.
Doch was nützt ihr das, wenn diese zu reich und einflussreich sind, um von der Justiz belangt zu werden? C. J. bleibt nur eins zu tun, wenn sie weitere Morde verhindern will: Sie muss die Täter umbringen. Inspiriert von Nemesis, der Rachegöttin, startet sie ihren Feldzug.
Eine Staatsanwältin wird zur Täterin, um die Opfer des Clubs zu rächen – allein für diese Idee lohnt sich der vierte Band der C.-J.-Townsend-Reihe schon. Der düstere Justizthriller schließt die erfolgreiche Reihe der US-Amerikanerin Jilliane Hoffman ab. Die ehemalige Staatsanwältin hängte die Juristerei an den Nagel, nachdem ihr Erstling „Cupido“ gleich zum Überraschungserfolg wurde. Hart, blutig und irre fesselnd.
Top 10: Das sind die brutalsten Thriller bei Audible
An ihre Kindheit will sich Anwältin Leigh nicht mehr erinnern – zu traumatisch sind die Erfahrungen, die sie und ihre Schwester Callie machen mussten. Doch als sie die Verteidigung eines mutmaßlichen Vergewaltigers übernehmen soll, brechen die verdrängten Erinnerungen mit Macht über sie hinein. Denn ihr Mandant weiß genau, wovor Leigh seit zwanzig Jahren davonläuft.
Kaum zu glauben, aber Karin Slaughter ist kein Pseudonym – die in Georgia geborene Autorin von Die falsche Zeugin heißt tatsächlich „Schlächter“ mit Nachnamen. Ihre gekonnt geschriebenen Thriller gehören zum brutalsten, was das Genre zu bieten hat. Dem Publikum gefällt’s: Slaughters Bücher verkauften sich insgesamt mehr als 30 Millionen Mal und wurden in 32 Sprachen übersetzt.
Hinweis: Das Buch enthält detaillierte Schilderungen sexueller Gewalt. Bitte entscheide eigenverantwortlich, ob du dich dem aussetzen möchtest.
Justizthriller aus Deutschland
Auch in Deutschland werden Anwälte in brisante und komplexe Fälle verwickelt – in diesen Justizthrillern deutschsprachiger Autoren.
Eine geheime Aktion des BKA gegen ein internationales Waffenkartell geht spektakulär schief: Noch vor dem Zugriff durch die Beamten werden zwei Mafiabosse liquidiert. Ein Ermittler stirbt, ein Informant wird erschossen. Wer hat die Männer verraten? Hat ein neues kriminelles Kartell die Behörde unterwandert?
BKA-Präsident Wolf bleibt nur ein kleiner Kreis enger Vertrauter. Darunter seine Tochter Sophie, Oberstaatsanwältin bei der Generalbundesanwaltschaft. Für eine Aufarbeitung ihrer konfliktbehafteten Beziehung bleibt Vater und Tochter keine Zeit: Plötzlich steht die Gruppe Rubikon im Zentrum eines Sturms aus Gewalt, Intrigen und Verrat.
Zwei Mächte stehen sich in Andreas Pflügers Justizthriller Operation Rubikon gegenüber: Mafia und Justiz. Und es sieht nicht gut aus für die Vertreter von Recht und Ordnung. Für seinen packenden Thriller und Gesellschaftsroman hat sich Autor Pflüger von Hans-Ludwig Zachert, ehemaliger Chef des Bundeskriminalamtes, beraten lassen. Der lieferte detaillierte Einblicke in das komplexe Geflecht der deutschen Nachrichtendienst- und Polizeibehörden. Nicht unbegründet lobte der Deutschlandfunk:
„Operation Rubikon ist der beste deutsche Thriller, den es je gegeben hat, und der erste seit langem mit internationalem Format.“ - Deutschlandfunk.de
Und noch ein Skandal in der Bundeshauptstadt: Im Rahmen des sogenannten Kentler-Experiments sollen Berliner Jugendämter pädophilen Männern schutzbedürftige Kinder anvertraut haben. Kinder wie Timo und Martin. Nun sind Timo Krampe und Martin Schmitz erwachsen und wollen an die Öffentlichkeit gehen. Doch bevor es dazu kommt, wird Martin ermordet. Rocco Eberhardt will den Opfern zu Gerechtigkeit verhelfen – doch sein skrupelloser Gegenspieler entpuppt sich als hochrangiger Politiker mit besten Verbindungen.
Der 13. Mann ist der zweite Fall für Anwalt Rocco Eberhardt und Rechtsmediziner Dr. Justus Jarmer. Die Justizkrimi-Reihe ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen
dem ehemaligen Berliner Strafverteidiger Florian Schwiecker und dem prominenten Rechtsmediziner Michael Tsokos, dessen True-Crime-Bücher allesamt auf der Spiegel-Bestsellerliste standen. Weitere Bände sollen folgen.
Zeitloser Klassiker unter den Justizkrimis
Zum Abschluss noch ein Klassiker: Agatha Christies Zeugin der Anklage ist ein raffinierter Gerichtskrimi, der in gerade einmal zwei Stunden Hördauer mehrere überraschende Volten schlägt. Er war so erfolgreich, dass er gleich zwei Mal verfilmt wurde – 1957 von Billy Wilder und noch einmal 2016 von Julian Jarrold.
Die wohlhabende Witwe Emily French wird ermordet. Alle Indizien sprechen für ihren jungen Liebhaber. Als ihn überraschend auch noch seine eigene Ehefrau belastet, scheint das Schicksal von Leonard Vole besiegelt. Doch sein Anwalt Sir Wilfrid Robarts glaubt fest an die Unschuld seines Mandanten. Schließlich sind eifersüchtige Frauen zu allem in der Lage. Oder?
Welche Autoren schreiben gute Justizthriller?
Auch die folgenden Autorinnen und Autoren schreiben packende Justizthriller. Sie sind bei Audible auf Englisch und teilweise auch auf anderen Sprachen verfügbar.
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