Comedy-Frauen machen sich über Alltagsprobleme, gesellschaftliche Defizite und Geschlechterklischees lustig. Mit einer Art Humor, die man lange nur von Männern kannte. Derb, vulgär, unverschämt. Früher waren sie maximal der Sidekick für genial-lustige Männer. Loriot und Evelyn Hamann. Man denke an Rudi Carell und Beatrice Richter, später Iris Berben. Bis mit Anke Engelke eine Frau zeigte, dass Stand-up-Comedy die längste Zeit fest in Männerhand war. Ihre Sketch-Show „Ladykracher“, die 2002 erstmals ausgestrahlt wurde, setzte neue Maßstäbe bei der intelligenten Unterhaltung.
Seitdem zieht es immer mehr weibliche deutsche Comedians ins Rampenlicht, die oft sehr schlimme Sachen sagen – und sie genau so meinen. Damit verschaffen sie sich auch beim männlichen Publikum Gehör. Frei nach: „Sie sieht aus wie ein Engel, aber Halleluja, wenn sie den Mund aufmacht“ irritieren und faszinieren sie die Geschlechter gleichermaßen.
Keine Schamgefühle kennen die lustigen Ladies auch bei ihren persönlichen Themen. Ob Pfunde, Pleiten oder Peinlichkeiten: In ihren Hörbüchern legen sie die Karten offen auf den Tisch. Frei von der Leber weg und mit viel Selbstironie erzählen sie von ihren Zweifeln, Schicksalsschlägen und Misserfolgen. Das tut manchmal beim Zuhören weh, aber am Ende ist bei Berufskomikerinnen natürlich alles gut. Und irgendwie ist es doch schön, dass diese tollen Frauen ihre Fans an die Hand nehmen und mit einem fetten Grinsen in der Stimme sagen: Mir geht’s genauso. Mach dir also keinen Stress. Dein Leben ist Chaos, meins auch. Dein Gewicht schwankt, dein Wert nicht.
Comedy-Frauen lachen auch sich selbst aus – und werden dafür von Frauen und Männern geliebt
In Man muss das Kind im Dorf lassen. Meine furchtbar schöne Jugend auf dem Land beschreibt Monika Gruber die Mühen und Freiheiten als Kind einer Bauernfamilie. Die Comedy-Frau erinnert sich an Dialoge, die denen von Carl Valentin und Liesl Karlstadt in nichts nachstehen. Als der Kuchen einmal verbrannt ist, klingt das bei den Grubers so: „Ja, Du hättest auch amal nach dem Kuchen schaun können.“ „Aber Mama, i hob doch gar ned gewusst, dass Du an Kuchen im Ofen host.“ „Des riecht ma doch!“
Wer die Comedy-Frau je erlebt hat, weiß: Gesellschaftskritik ist auch dabei. Nein, früher war nicht alles besser. Aber in der Familie war mehr Zusammenhalt da, den brauchen wir heute alle unbedingt. Ihre Hörbiographie liest sie im Ton der Powerfrau, die mit viel Hirn und Herz gesegnet wurde.
Carolin Kebekus ist schön, überaus begabt und ein gesellschaftlicher Plagegeist. Für ihr kirchenkritisches Video „Dank dem Herren“ gingen bei Erscheinen vor sieben Jahren einige Anzeigen gegen die Comedy-Frau ein. In der Musikparodie „Wie blöd Du bist“ prangerte sie 2015 Gewalt gegen Flüchtlinge an. Auf der Bühne macht die deutsche Komödiantin sich bevorzugt über alles lustig, was sich in der Hose abspielt. Fürze sind noch das Harmloseste. Witze über die Geschlechtsorgane und Sex, gepaart mit einer vulgären Ausdrucksweise, sind zum Markenzeichen der Kölner Kabarettistin geworden.
Ihr Hörbuch Alpha-Pussy, das auf ihrem gleichnamigen, sehr erfolgreichen Programm beruht, hat gleichwohl eine tiefere Message: Frauen sollen sich nicht mehr hintenanstellen, sondern sich „den ganzen Bumms nehmen“, und auftreten, wie es ihnen zusteht – als Alpha-Pussy. Die Lektion in weiblicher Selbstbestimmtheit kommt in Kebekus‘ vulgärer Sprache erfrischend daher. Eben „Grab them by the Pussy“, nur andersherum.
Im Audible-Original-Hörspiel beweist die Comedy-Frau Carolin Kebekus, dass sie auch ernst kann.
Als Kind dachte Martina Hill, man könne sich mit einer Schaufel bis nach China buddeln. Ein paar Jahrzehnte später wird sie in das Land eingeladen, um einige Sketche zu spielen. Sie entscheidet sich trotz Flugangst dafür, zu fliegen, statt die langwierige Reise per Bahn auf sich zu nehmen. Davon erzählt die Comedy-Frau in ihrem Buch Was mach ich hier eigentlich? Bei der Schilderung ihrer Nöte und vieler skurriler Erlebnisse im Land verliert sie gelegentlich den roten Faden. Charmant und amüsant ist das. Selbst harmlosen Situationen kann die Komödiantin sehr viel Lustiges abgewinnen. Dazu erfährt man einiges über die Kindheit der Komödiantin, die auf Sat.1 ihre eigene „Martina-Hill-Show“ hat. Das Hörbuch ist ein kurzweiliges Vergnügen, im Urlaub oder auf einer längeren Bahnfahrt.
Deutsche Comedy-Frauen erzählen besonders gern von ihrem eigenen perfekt-unperfekten Leben
In Boes Tagebücher erinnert sich Comedy-Frau Mirja Boes an ihre Jugendzeit. Nicht irgendeine, die Rede ist von den verrückten, schrillen Achtzigern. Mädchen trugen türkisfarbene Wimperntusche, Pubertierende steckten einander Zettel zu mit der Frage: „Willst Du mit mir gehen? Ja – Nein – Vielleicht.“ Mirja Boes hat ihre alten Tagebücher durchforstet und schlachtet den ersten Kuss, die erste Periode, das erste Mal besoffen auf einer Party genüsslich aus.
An manchen Stellen wird aus einer persönlichen Story ein Stück Zeitgeschichte aus der Perspektive einer großartigen Komödiantin. Geschrieben und vorgetragen, wie man Boes aus dem Fernsehen kennt: leicht, locker, frei Schnauze. Boes ist übrigens auch Vorleserin vieler Hörbücher von der Schriftstellerin Kerstin Gier, etwa der Mütter-Mafia und der Hörspielserie Leben hoch drei.
Cindy aus Marzahn war Ilka Bessin. Oder umgekehrt? Bei der Stand-up-Komikerin und ihrer 2005 erschaffenen Kunstfigur gibt es zumindest eine bekannte Parallele: Ilka Bessin war lange arbeitslos, Cindy auch. Ob die Wahl-Berlinerin wie ihr erschaffenes Alter Ego pinkfarbene Jogginganzüge liebt, bleibt für immer ihr Geheimnis. 2016 verabschiedete sich Bessin von ihrer Figur und zeigte ihr wahres, deutlich weniger geschminktes Gesicht. Viele Fans trauerten. Bessin spielte ihre Rolle als Cindy aus Marzahn nicht nur, sie lebte sie spontan und unverstellt. Auf der Bühne bezog sie das Publikum meistens in ihre Gags mit ein – das war Stand-up vom Feinsten.
Ihre vertonte Lebensgeschichte Abgeschminkt kann man beim Wort nehmen. Offen erzählt sie von ihrer schweren Kindheit, Mobbing, Langzeitarbeitslosigkeit und von ihrem Kummer um den demenzkranken Vater. Trotzdem ist sie ihren Weg gegangen und traute sich, eine erfolgreiche Rolle loszulassen, die nicht mehr zu ihr passte. Chapeau, Frau Bessin.
Komödiantisches Talent: Lustige Hörbücher, gelesen von Schauspielerinnen
Felicitas Woll, Sesede Terziyan und Lena Urzendowsky sind keine weiblichen Comedians, sondern gut beschäftigte und mehrfach ausgezeichnete Schauspielerinnen. Dass sie alle drei eine ausgeprägte komödiantische Ader haben, beweisen sie in der Comedy/Dramedy Die Wut-Life-Balance. Darin leihen sie den Hauptfiguren Lena, Pola und Defne ihre Stimmen – drei Frauen, die bei einem Wut-Coaching lernen sollen, ihren brodelnden Zorn in den Griff zu kriegen. Den dreien auf ihrem holprigen Weg zu einem entspannteren Ich zu folgen, ist in erster Linie ein großer Spaß. Ganz nebenbei wirft das Autorinnenkollektiv unter dem Pseudonym Anna B. Caesar aber eine wichtige Frage auf: Warum, bitteschön, dürfen Frauen nicht wütend werden – wo sie doch oft jeden Grund dazu haben?
Deutsche Comedy-Frauen: Noch mehr Hörbücher von Queens der intelligenten Unterhaltung
Hörbücher mit hohem Spaßfaktor
Auch Krimis können sehr lustig sein. Diese Hörbücher verbinden Grusel mit tiefschwarzem Humor.