In Kürze: Leben und Werk von J.R.R. Tolkien
John Ronald Reuel (J.R.R.) Tolkien erblickte am 3. Januar 1892 in Südafrika das Licht der Welt. Seine Eltern waren aus England ausgewandert, nachdem sein Vater, Arthur Reuel Tolkien, vom Bankangestellten zum Manager befördert worden war. Als Ronald - von Familie und Freunden nur J.R.R. genannt - vier Jahre alt war, starb sein Vater. Kurz danach kehrte er mit seiner Mutter, Mabel Tolkien (geborene Suffield), und seinem jüngeren Bruder Hilary nach England zurück. Die Familie lebte in bescheidenen, aber geordneten Verhältnissen. Im Jahr 1900 konvertierte Mabel zum Katholizismus, fest entschlossen, auch ihre Söhne katholisch zu erziehen. Vier Jahre später starb sie an Diabetes und übertrug die Erziehung ihrer beiden Söhne auf den Gemeinde-Priester, Vater Francis Morgan.
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Schon als Kind bewies Tolkien im Internat seine erstaunliche linguistische Begabung. Er beherrschte Latein und Griechisch und besaß gute Kenntnisse in Spanisch, Walisisch, Französisch, Deutsch, Finnisch und Gotisch (einer ausgestorbenen Ostgermanischen Sprache). Aus Spaß begann er, eigene Sprachen zu entwickeln. Auf den Schulabschluss folgte ein Studium der “Altphilologie” am Exeter College in Oxford, allerdings wechselte Tolkie bald ins modernere Hauptfach “Englische Sprache und Literatur”.
Er verließ das College 1915, um als Offizier im Ersten Weltkrieg zu dienen. Nach dem Waffenstillstand arbeitete er kurz im Mitarbeiterstab des “Oxford English Dictionary” und kehrte dann nach Oxford zurück, wo er 1919 seinen Master erwarb. Im Folgejahr begann er seine akademische Karriere an der Universität von Leeds. 1925 sicherte er sich eine Professur in Oxford, wo er bis zu seiner Pensionierung 1959 unterrichtete.
Während all dieser Zeit beschäftigte sich Tolkien mit der Erfindung von Sprachen und dem Schreiben von fantastischen Geschichten. Einige waren düster und traurig und spielten in detailreich ausgeschmückten Welten; andere waren fröhlich und humorvoll. Die längste und wichtigste von Tolkiens wundersamen Geschichten war “Der Hobbit”, eine Coming-of-Age-Fantasiegeschichte über ein kleines, die Bequemlichkeit liebendes Wesen namens Bilbo Baggins; unfreiwillig schließt er sich einer Schatzsuche samt Kampf gegen einen Drachen an. 1937 veröffentlicht, wurde “Der Hobbit” so beliebt, dass der Verlag nach einer Fortsetzung verlangte. Das Resultat war, siebzehn Jahr später, J.R.R. Tolkiens Meisterwerk und modernes Heldenepos “Der Herr der Ringe” (Originaltitel: “Lord of the Rings”, abgekürzt “LOTR”).
Tolkien Trivia: Obwohl “Der Herr der Ringe” standardmäßig in drei Teilen veröffentlicht wird - “Die Gefährten”, “Die zwei Türme”, “Die Wiederkehr des Königs”, schrieb Tolkien das Epos ursprünglich nicht als Trilogie. Mit 1.728 Seiten abschreckend lang, wurde die Geschichte auf drei Bücher aufgeteilt, um sie vermarkten zu können und das Risiko zu minimieren, sollte das Werk floppen.
Doch von wegen Flop! - LOTR wurde immens populär und - nach der Taschenbuch-Veröffentlichung 1965 in den USA - auch finanziell erfolgreich. Inzwischen sind mehr als 50 Millionen Ausgaben in ca. 30 Sprachen verkauft worden. Die Trilogie wurde zur Grundlage von drei epischen, gleichnamigen Kinofilmen, die zwischen 2001 und 2003 in den Kinos und bei Preisverleihungen alles abräumten. Regisseur Peter Jackson, Produzent und an den Drehbüchern beteiligt, adaptierte 2021 auch den “Hobbit” als Kino-Trilogie: “Eine unerwartete Reise”, “Smaugs Einöde”, “Die Schlacht der Fünf Heere.”
Tolkien Trivia: Wie James Joyce und Dr. Seuss, hat J.R.R. Tolkien einen eigenen “Feiertag”, an dem aus seinen Werken vorgelesen wird. Von der Tolkien Society im Jahre 2003 etabliert, wird der “Tolkien Reading Day” (“Tag der Tolkien-Lektüre”) jedes Jahr am 25. März zelebriert - das Datum, an dem Sauron, der fürchterliche dunkle Herrscher aus LOTR, in der Geschichte gestürzt wurde.
Wir haben Tolkien-Fans gefragt, was sie über den Schriftsteller, Akademiker und Linguisten gerne wissen möchten. Hier sind die “Fan-FAQs”!
Wie alt war Tolkien als er “Der Hobbit” schrieb? War das sein erstes Buch?
Tolkien begann den “Hobbit” 1930 zu schreiben, im Alter von 38 Jahren - als Märchen für seine vier Kinder. Er brauchte etliche Jahre für die Fertigstellung des Romans, der 1937 veröffentlicht wurde. Schon viele Jahre bevor er den “Hobbit” schrieb, investierte Tolkien unzählige Stunden in das Verfassen eines “Legendariums”. Es diente u.a. dazu, ein Setting für die von ihm erfundenen Elbensprachen zu erschaffen. Als Geburtsort von Mittelerde wurde das “Legendarium” schließlich zu “Das Silmarillion”, bearbeitet und 1977 posthum herausgegeben vom Sohn des Autors, Christopher. Seine Erstveröffentlichung gelang Tolkien 1925, als Co-Übersetzer dreier mittelalterlicher Gedichte, “Sir Gawain and the Green Knight”, zusammen mit E.V. Gordon.
Tolkien Trivia: J.R.R. Tolkien konnte nicht nur schreiben, sondern auch zeichnen: “Der Hobbit” wurde zu Beginn mit seinen eigenen Illustrationen veröffentlicht.
Was war die Inspiration für Mittelerde und wie viele von Tolkiens Büchern spielen in Mittelerde?
Während seines Altenglisch-Studiums in Oxford entwickelte Tolkien eine tiefe Faszination für das Gedicht “Crist of Cynewulf”. Besonders eingenommen war er von einem rätselhaften Vers, der “middangeard” erwähnt - eine uralte Bezeichnung für die normale Welt zwischen Himmel und Hölle. Übersetzt ins moderne Englisch bedeutete der Begriff “Mittel-Erde.” In Tolkiens Fantasie wurde Mittelerde der perfekte Ort, an dem Sterbliche mit imaginären Wesen koexistieren, darunter Elben und Hobbits. Außer “Der Hobbit” und der LOTR-Saga spielt auch “Das Silmarillion” in Mittelerde, ebenso wie “Die Kinder Húrins”, “Geschichten aus dem gefährlichen Königreich”, “Der Fall von Gondolin”, und “Nachrichten aus Mittelerde.”
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Wie viele Sprachen erfand Tolkien?
Die Antwort auf diese Frage hat zu einer lebhaften Debatte unter Tolkien-Experten und -anhängern geführt. Unbestritten ist, dass Tolkien zwei vollständig entwickelte Elbensprachen erschaffen hat: “Quenya”, stark vom Finnischen beeinflusst, und “Sindarin”, die meistverbreitete Elbensprache; auch Elrond und Legolas sprechen sie. Zusätzlich erfand er Vokabular für fünfzehn verschiedene Elbendialekte sowie Sprachen für die Orks, Zwerge und Hobbits. Tolkien schuf dazu eigene Alphabete: So wird das am häufigsten verwendete “Tengwar-Alphabet” benutzt, um z.B. die Qenya-Sprache zu schreiben.
War Tolkien ein Kriegsveteran und kämpfte er im Ersten Weltkrieg?
Nach seinem Grundstudium in Oxford im Juni 1915 trat Tolkien als Infanterie-Leutnant den “Lancashire Fusilliers” bei. Er wurde 1916 an die französische Westfront geschickt, rechtzeitig zur Schlacht an der Somme - ein brutaler, blutiger Kampf und einer der tödlichsten in der britischen Geschichte. Tolkien diente als Fernmelder und hielt die Kommunikation zwischen den hinteren Truppen und den Offizieren an der Frontlinie aufrecht.
Die Erfahrungen auf dem Schlachtfeld hatten großen Einfluss auf Tolkiens Werk. Während seines Kriegsdienstes entwarf Tolkien die erste Version der großen Schlacht, in der sich die Elben, Zwerge und Menschen gegen Morgoth verbünden, den Hauptfeind aus “Das Silmarillion”. Tolkien begann ebenfalls mit der Arbeit an seinem Meisterwerk “Der Herr der Ringe”.
Tolkien Trivia: In den Schützengräben des Ersten Weltkriegs hinterließ der Mut der einfachen Fußsoldaten großen Eindruck auf Tolkien. Jahre später erklärte er, sie seien seine Vorlage für die kleinen, gegen schier unüberwindliche Hindernisse antretenden Hobbits gewesen - Männer aus der Arbeiterklasse, die trotz extremer mentaler und physischer Belastung weiterkämpften.
Ist “Der Herr der Ringe” eine Allegorie?
Neben seiner Kriegserfahrung spiegelt Tolkiens Epos seine Ansichten über den Kampf zwischen Gut und Böse wider, über die Verlockung der Unsterblichkeit und die Macht des Glaubens. Viele Tolkien-Experten sehen sowohl in Aragorn als auch in Gandalf Christusfiguren, und Tolkien selbst soll LOTR als “fundamental religiöses und katholisches Werk” bezeichnet haben. Dennoch betrachtete der Autor “Der Herr der Ringe” weniger als Allegorie, sondern als Märchen - und Märchen erachtete er sowohl für Kinder als auch für Erwachsene als wertvoll. “Märchen haben ihre eigene Art, die Wahrheit zu reflektieren. Sie haben auf eine gewisse Weise eine mächtigere Wirkung als Allegorien oder Satire oder Realismus”, schrieb Tolkien 1956 in einem Brief an den Herausgeber einer Zeitschrift. “Doch zunächst einmal muss es eine gute Geschichte sein; sie muss anregen, gefallen und manchmal auch bewegen.”
War Tolkien verheiratet? Hatte er Kinder?
Mit sechzehn traf Tolkien eine andere Waise, die neunzehnjährige Edith Bratt. Die gemeinsame Erfahrung von Verlust und das Sehnen nach einer engen, bedeutsamen Verbindung schmiedete beide schnell zusammen. Als ihre Freundschaft sich vertiefte und Tolkiens Noten darunter zu leiden begannen, griff sein Vormund ein. Vater Morgan untersagte dem jungen Ronald bis zu seinem einundzwanzigsten Geburtstag jeden weiteren Kontakt mit der älteren und protestantischen Edith. Tolkien gehorchte der Anordnung des Priesters - bis auf eine einzige Ausnahme: In der Nacht, bevor er einundzwanzig wurde, machte er Edith per Brief einen Heiratsantrag.
Edith hatte sich zwar kürzlich mit einem anderen Mann verlobt, aber - so versicherte sie Tolkien - nur, weil sie dachte, J.R.R. habe das Interesse an ihr verloren. Edith willigte ein, Tolkiens Frau zu werden und zum katholischen Glauben zu konvertieren. Die Hochzeit fand am 22. März 1916 in der St. Mary Immaculate Church in Warwick statt. Im Verlauf ihrer Ehe, die erst mit Ediths Tod im November 1971 endete, bekam das Paar vier Kinder: John Francis, Michael Hilary, Christopher John, und Priscilla Anne.
Tolkien Trivia: Edith war Tolkiens Vorbild für die Elbin Lúthien, deren Liebesgeschichte mit dem sterblichen Beren in “Das Silmarillion” und “Der Herr der Ringe” immer wieder erwähnt wird. Nach Tolkiens Tod fügte sein Sohn Christopher Auszüge aus den verschiedenen Werken zu einem Roman über das Paar zusammen, “Beren und Lúthien”. Tolkien und seine Frau sind gemeinsam in einem Einzelgrab im katholischen Teil des Wolvercote Friedhofs in einem Vorwort von Oxford begraben. Auf dem Grabstein steht folgende Inschrift: "Edith Mary Tolkien, Lúthien, 1889–1971, John Ronald Reuel Tolkien, Beren, 1892–1973"
Warum wird Tolkien als Vater der Fantasy bezeichnet?
J.R.R. Tolkien hob High Fantasy auf ein neues und aufregendes Level, und der Erfolg von “Der Herr der Ringe” machte es auch für andere Fantasy-Autoren möglich, vom Schreiben gut zu leben. Beispiele für Tolkiens Einfluss auf das Fantasy-Genre reichen von George R.R. Martin und seinem epischen Worldbuilding im “Lied von Eis und Feuer” bis hin zu Stephen Kings Gebrauch einer fiktionalen Sprache in der “Der dunkle Turm”-Saga. Der weise alte Zauberer als Vaterfigur für einen jungen Protagonisten; ein von dunkler Macht besessenes Objekt mit Einfluss auf seinen Träger; ein dunkler Herrscher auf der Suche nach Macht und Unsterblichkeit - all das findet sich auch in J.K. Rowlings “Harry Potter”-Reihe wieder.
Berühmte Tolkien-Zitate
J.R.R. Tolkien starb am 2. September 1973, doch sein Vermächtnis lebt weiter. Um unsere Reise durch sein Leben und Werk abzurunden, hier drei erinnerungswürdige Zitate des unvergleichlichen Schöpfers von Mittelerde und vielgeliebten Schriftstellers:
"Alles, was wir entscheiden müssen, ist, was wir mit der Zeit anstellen, die uns gegeben wurde." ("Die Gefährten")
"Oft wird die Hoffnung geboren, wenn alles verloren erscheint." ("Die Rückkehr des Königs")
"Umkehren? Zu nichts gut. Ausweichen? Unmöglich. Vorwärts gehen? Das einzige, was bleibt. Weiter geht's!" ("Der Hobbit.")