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Vom wohltuenden Effekt von Hörbüchern

Vom wohltuenden Effekt von Hörbüchern

„Um Geschichten festzuhalten banne ich sie auf Papier, aber ich vergesse nie, dass sie Klang sind“, betonte die meisterhafte Geschichtenerzählerin Cornelia Funke unlängst in einem Interview mit Audible. Auch wenn ihr Medium das Papier ist, hört sie selbst leidenschaftlich gerne Hörbücher: „Ein gut gelesenes Hörbuch, das vielleicht auch noch Musik und Geräusche hinzufügt, ist für mich im Grunde die beste Verfilmung.“

Das Labyrinth des Fauns

Hören versus Lesen

Als Literaturkritiker Harold Bloom in der New York Times zum Besten gab, um Bücher wirklich lesen und in sie eindringen zu können, müsse man sie aufgeschlagen vor sich liegen haben, gingen mit Stephen King und Neil Gaiman gleich zwei Bestsellerautoren auf die Barrikaden.

Gaiman bezeichnete die Behauptung als „Snobismus und Dummheit“. Er vertritt die Ansicht, dass das Hören eines Buches ein viel intimeres, viel persönliches Erlebnis darstellt als bloßes Lesen. „Richtig vorgelesen kann ein Hörbuch Magie sein“, schreibt er auf seinem Blog.

Der Ozean am Ende der Straße

Doch was macht die Magie eines Hörbuchs aus? Tatsächlich ist es so, dass das Hören von Hörbüchern mehr als nur eine hervorragende Ausrede ist, um sich einfach aufs Bett oder die Couch zu legen und nichts zu tun.

Hörbücher wecken Kindheitserinnerungen

Die ersten Bücher, mit denen wir in Berührung gekommen sind, haben wir nicht gelesen, sondern vorgelesen bekommen – entweder von den Eltern oder auf Kassetten. Allein deswegen lösen Hörbücher bei vielen von uns ein wohliges Gefühl aus: weil sie uns in die Zeiten zurückversetzen, in denen wir uns an unsere Eltern gekuschelt und sie gebeten haben, die Geschichte „nur noch einmal!“ vorzulesen.

Andere Kinder wiederum wären ohne Hörbücher kaum mit Geschichten in Kontakt gekommen. „Tintenherz“-Autorin Cornelia Funke erzählte in einem Interview mit Audible: „Mein Sohn zum Beispiel, der wollte immer spielen, während er hörte. Der wäre nie auf die Idee gekommen, ein Buch zu lesen.“

Pause für Augen und Gedanken

Vielen Erwachsenen dürfte es ähnlich gehen: Ihnen fehlt schlicht die Zeit oder die Geduld, sich einfach „nur“ hinzusetzen und zu lesen. Die meisten von uns werden heutzutage ohnehin visuell übermäßig stimuliert. Wer schon den ganzen Tag auf einen Bildschirm starrt, findet es möglicherweise anstrengend, abends auch noch zu lesen.

Harry Potter und der Stein der Weisen - Gesprochen von Rufus Beck

Wem allerdings der Kopf vor lauter Arbeit oder negativer Nachrichten schwirrt, der kann Ablenkung in Hörbüchern finden. Denn Hörbücher zu hören, das erfordert Konzentration. Immerhin kann man den gleichen Satz nicht zum elften Mal lesen oder schnell zurückblättern. Genau das lenkt aber wunderbar ab: Man muss sich auf die Inhalte konzentrieren und kann nicht weiter den eigenen (negativen) Gedanken hinterherhängen.

Hören und Lesen als Therapie

Genau dieses Konzept wird im Rahmen der Bibliotherapie verwendet. Durch das Lesen oder Hören von Büchern sollen negative Gedankenspiralen durchbrochen werden. Und das ist keine neue Behandlungsmethode: Vorlesen wurde bereits im 19. Jahrhundert vom Vater der Psychotherapie, Psychiater Benjamin Rush, als verwendet, um die psychische Gesundheit zu unterstützen und zu verbessern.

Wissenschaftler konnten in einer Studie zeigen, dass das Hören von Hörbüchern das psychische Wohlbefinden von Älteren signifikant verbessert und sich positiv auf Depressionen, Angstzustände, Aggressionen und Phobien auswirkt.

Neurowissenschaftler vermuten, dass der wohltuende Effekt des Hörens daher rührt, dass wir das Hören weit vor dem Lesen gelernt haben. Möglicherweise reagieren wir deswegen auf Gesprochenes schneller und emotionaler.

Von Bullerbü bis Lönneberga

Hören fürs Hirn

Sich vorlesen zu lassen ist nicht nur für die mentale Gesundheit von Vorteil: Wer regelmäßig gut zuhört, verbessert seine Aufmerksamkeitsspanne – die bei vielen von uns im digitalen Zeitalter erschreckend kurz ist – und die Konzentrationsfähigkeit. Auch die Gedächtnisleistung bekommt einen ordentlichen Push, da man sich als Zuhörer an Namen und Charaktereigenschaften, Orten und wichtige Ereignisse erinnern können muss ohne nachzuschlagen. Der flüssige Sprachgebrauch und die Aussprache profitieren ebenfalls von Hörbüchern. Also: Auf die Ohren, fertig, los!

Was tun, wenn die soziale Isolation mal aufs Gemüt schlägt? Das verrät unsere Autorin im Artikel "Die Welt allein zu Haus".

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