Utopien: Der Weltuntergang findet nicht statt

Utopien: Der Weltuntergang findet nicht statt

Menschen, die nach einer Katastrophe auf der Erde oder in fernen Galaxien ums Überleben kämpfen, sind ein beliebtes Motiv dystopischer Romane. Doch was, wenn diese Geschichte ganz anders erzählt wird? Wenn es gar nicht erst zur Zerstörung der Erde kommt? Wenn Menschen Technologien so klug einsetzen, dass nachhaltiges Wirtschaften möglich ist? Wissenschaft und kreative Köpfe liefern dafür längst schon die Ideen. Auch einige fiktive Utopien bieten einen optimistischen Gegenentwurf zu den Weltuntergangsszenarien vieler Science-Fiction-Thriller. Von wegen „No Future“: Diese Hörbücher machen Lust auf Zukunft.

Worum geht es bei Utopien?

Unter Utopie versteht man im Allgemeinen einen idealen Zustand oder eine ideale Lebensform oder Gesellschaftsordnung. Das Wort „utopisch“ verwenden wir häufig, wenn wir ausdrücken möchten, dass etwas unerreichbar ist. Utopien werden sprachlich damit ins Reich der Fantasie verwiesen. Dennoch beflügelt uns die Vorstellung von einer besseren Welt. Mit der Idealvorstellung vor Augen sind wir motiviert, uns für deren Verwirklichung einzusetzen – zum Beispiel für eine nachhaltigere Lebensweise.

Der Begriff Utopie wurde schon Anfang des 16. Jahrhunderts vom englischen Staatsmann und Autor Thomas Morus geprägt, der im Roman Utopia über den idealen Staat philosophiert. Damit begründet er zugleich auch das Genre des utopischen Romans.

Die besten Utopien als Hörbücher

 An dystopischer Science-Fiction herrscht wahrlich kein Mangel, wie viele beliebte Sci-Fi-Werke belegen. Aber so fesselnd diese Geschichten sind, irgendwann möchte auch der größte Sci-Fi-Fan aus dem Alptraum erwachen. Hier kommen nun Romane ins Spiel, die uns zeigen, dass es auch anders geht.

Die beste meiner Welten

Ein augenzwinkernd erzählter Science-Fiction-Roman, der die Utopie mit einer unvollkommenen Realität kontrastiert, ist das Hörbuch Die beste meiner Welten von Elan Mastai. Tom lebt darin bereits in einer Idealwelt, in der es weder Armut noch Kriege gibt. Dies ist das Verdienst der nach dem berühmten Wissenschaftler Lionel Gottreider benannten Maschine, mit deren Hilfe die Energie der Erdrotation die Menschheit mit allem versorgt, was sie benötigt. So leben alle ein völlig sorgenfreies Leben, müssen nicht arbeiten und haben stets ausreichend Energie. Dennoch fühlt sich Tom irgendwie aus der Zeit gefallen. Als Chrononaut meldet er sich daher freiwillig für ein Experiment mit der Zeitmaschine – zurück zu dem Augenblick, an dem die Gottreidermaschine vor Jahrzehnten angeschaltet wurde. Tom landet dadurch in unserer alles andere als perfekten Welt. Dafür sieht er aber endlich seine Traumfrau wieder …

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Utopie Terrania

Das Sci-Fi-Hörbuch Utopie Terrania vonChristian Montillon aus derPerry-Rhodan-Reihe NEO 1-50 beginnt im Jahr 2036 mit einer kriegerischen Auseinandersetzung. Doch Perry Rhodan und die Astronauten der Stardust verfolgen konsequent die Idee einer freien, unabhängigen Stadt in der Wüste Gobi. Zuerst müssen Rhodan und seine Getreuen die Angriffe chinesischer Soldaten abwehren. Doch trotz der kritischen Situation verliert Perry Rhodan sein Ziel nicht aus den Augen: Gemeinsam mit arkonidischen Robotern beginnt er mit dem Bau der Utopie Terrania, die nicht nur die arkonidische und terranische Architektur vereinen, sondern auch als Ausgangspunkt für eine geeinte Menschheit dienen soll.

Eine Trillion Euro

Eine Trillion Euro von Andreas Eschbach beginnt mit einem Untergangsszenario. Seit der Golfstrom zusammengebrochen ist, frieren die Meere zu und extreme Stürme zerstören immer öfter ganze Landstriche. Auch im Sommer schneit es schon in Europa, sodass es zu Hungersnöten kommt. Eines Tages landen Außerirdische in Straßburg und wollen Profit aus der Notlage schlagen. Sie bieten dem Europaparlament an, Europa auf dem Mond exakt nachzubauen. Das hat allerdings seinen Preis: Eine Trillion Euro! Verdammt viel Geld und mehr, als die Europäer haben. Diese humorvolle Sci-Fi-Geschichte zeigt, dass in Wirklichkeit unser unvollkommenes Europa als Utopie doch auf jeden Fall bewahrenswert ist.

Das Lange Utopia

Terry Pratchett und Stephen Baxter beschreiben in Das Lange Utopia die schöne neue Parallelwelt in den Jahren 2045 bis 2059. Nachdem das Leben auf Datumerde – dem alten Planeten Erde – durch eine Katastrophe erschwert ist, schreitet die Besiedelung der Parallelwelten voran, die als Lange Erde bezeichnet werden. Mithilfe einer sogenannten Wechsler-Box und anderer Technologien lassen sich diese Parallelerden einfach erreichen. Dort gibt es praktisch unbegrenzte Rohstoffe, die auf dem Planeten Erde schon längst knapp sind. Die künstliche Intelligenz Lobsang, die über Jahrzehnte die Lange Erde erforschte, lebt inzwischen als Mensch getarnt in einer weit entfernten Parallelwelt. Doch dann mehren sich die Anzeichen dafür, dass etwas faul ist. KI Lobsang schaltet daher seine alten Freunde ein: Joshua Valienté, der mit Vorliebe ferne Parallelwelten erkundet, und Sally Linsay, die Tochter des verschwundenen Erfinders der Wechsel-Maschine.

Götter der Nacht

Nicht zuletzt schildert die Science-Fiction-Serie „Star Trek“ mit ihren vielen Folgeserien, Kinofilmen und Spin-offs wie Star Trek Picard eine utopische Welt, die gegenüber dem früheren Leben auf der Erde technisch und gesellschaftlich überlegen ist. Probleme wie Rassismus, Armut und Ungleichheit sind darin überwunden. Die Menschheit ist nun eine globale Einheit, die neben der Erde weitere Planeten besiedelt und eine friedliche Koexistenz mit anderen Lebensformen wie den Vulkaniern, Andorianern und Tellariten anstrebt. Die ursprüngliche Science-Fiction-Serie im Fernsehen traf in den Sechzigerjahren auf ein Publikum, das sich nach der Mondlandung amerikanischer Astronauten für das Weltall und die Raumfahrt begeisterte. Die Gleichberechtigung von Frauen und Männern und die Aufhebung der Rassentrennung in „Star Trek“ galten als zukunftsweisend, wenn nicht gar utopisch. Damit entsprach die Serie dem großen Zukunftsoptimismus der damaligen Zeit, trotz – oder vielleicht auch wegen – des kalten Krieges und der Energiekrise.

Utopien in Sachbüchern: Impulse für Veränderungen

In der Science-Fiction sind manche Utopien so fantastisch, dass ihre Verwirklichung kaum möglich scheint. Anders sieht es bei den Idealvorstellungen und Träumen aus, die Historiker, Philosophen, Politiker und Politökonomen von der Zukunft spinnen. Auch für die Anhänger des Transhumanismus ist die erträumte Optimierung und Verbesserung der menschlichen Leistungsfähigkeit durch künstliche Intelligenz, Nanotechnologie und High-Tech-Organe schon in greifbare Nähe gerückt.

Große Utopien beginnen im Kleinen

Der niederländische Historiker und Journalist Rutger Bregman zeigt Wege auf, wie sich die Welt und die Menschen darin komplett neu denken lassen. Denn wie er anhand von Beispielen aus der Vergangenheit zeigt, lassen sich Utopien durchaus realisieren. Im Hörbuch Im Grunde gut. Eine neue Geschichte der Menschheit entwickelt er eine optimistische Vision und stellt viele Ideen vor, wie wir unsere Welt mit ein wenig Mut und Innovationen zu einem besseren Ort machen. Große Utopien beginnen eben schon im Kleinen.

Utopien für Realisten

Die Ideen dafür spinnt Rutger Bregman in Utopien für Realisten weiter, die er für gar nicht so aus der Luft gegriffen hält. Dabei verweist er auf Wunschvorstellungen der Vergangenheit, die inzwischen verwirklicht wurden, wie die Abschaffung der Sklaverei oder die Demokratie. Deshalb appelliert Bregman an uns, auch heute das Unmögliche zu denken, um Lösungen für unsere Zeit zu finden – etwa das bedingungslose Grundeinkommen. Die zunehmende Digitalisierung sieht er daher nicht als Bedrohung, sondern als Chance, die Wochenarbeitszeit zu verringern und die Lebensqualität zu verbessern. Anhand vieler Beispiele illustriert Bregman, dass Utopien schneller Realität werden können, als wir denken.

"Jede zivilisatorische Errungenschaft war irgendwann einmal eine utopische Fantasie."

Rutger Bregmann

Jäger, Hirten, Kritiker

Auch Richard David Precht nimmt die Digitalisierung zum Anlass, eine Idealvorstellung unserer Welt zu entwickeln. In Jäger, Hirten, Kritiker entwirft er eine Utopie für die digitale Gesellschaft. Die wichtigste Message: Gegen die rasanten Veränderungen in der Welt ist der Einzelne vielleicht machtlos. Dennoch haben wir es in der Hand, wie wir darauf reagieren. Richard David Precht hinterfragt die bisherige Leistungsgesellschaft und zeigt, dass uns die Digitalisierung die Chance bietet, künftig erfüllter und selbstbestimmter zu leben.

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Möglichkeiten der Utopie heute

Schon in den Fünfzigerjahren beschrieb der deutsche Philosoph Ernst Bloch ganz konkrete Utopien. Seiner Meinung nach war der Mensch mit der Gabe ausgestattet, in Tagträumen die Vorstellung von sozialen, religiösen oder ökonomischen Utopien zu entwickeln. In seinem Werk Möglichkeiten der Utopie heute zeigt er, wie aus Zukunftsträumen Veränderungen werden. Seine Vision ist geprägt von den Themen der damaligen Zeit, vor allem seinem Hadern mit dem Sozialismus und Stalinismus. Dennoch ist es noch immer spannend, sich über 50 Jahre später seine bahnbrechenden Ideen anzuhören, die im „Prinzip Hoffnung“ zum geflügelten Wort wurden.

 Von der Utopie zur Bewegung: Solarpunk und der Traum von Nachhaltigkeit

 „I have a dream“ – fast jeder kennt die berühmte Rede des US-amerikanischen Bürgerrechtlers Martin Luther King, in der er die Vorstellung von einer Welt beschwört, in der  Rassengleichheit herrscht. Sein Traum von einer gerechteren Welt mobilisierte und mobilisiert noch immer viele Menschen, gemeinsam für Gleichberechtigung und Chancengleichheit einzutreten. Schrittweise konnte sie in vielen Bereichen in die Realität umgesetzt werden. 2009 wurde mit Barack Obama erstmals ein Schwarzer zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt, 2021 erstmals eine Frau mit multikulturellem Hintergrund zur Vizepräsidentin ernannt.

Ziel des Solarpunk ist es, die Apokalypse zu canceln.

Jay Springett

Einen Traum haben auch die Menschen, die sich bei Bewegungen wie „Fridays for Future“ engagieren. Vor allem junge Menschen machen sich Gedanken darüber, wie durch die kluge Nutzung nachhaltiger Technologien und die Anpassung unserer Lebensweise die drohende Klimakatastrophe abgeschwächt werden kann. Grüne Städte, vertikale Gärten und Solaranlagen als primäre Energiequelle - all das wären Alternativen zum exzessiven Ressourcenverbrauch, zum Turbokapitalismus und zum Einsatz fossiler Energieträger. Seit der Prägung des Begriffs 2008 spricht man auch von „Solarpunk“. Diese Bewegung umfasst viele unterschiedliche Strömungen, die eine nachhaltigere, weniger konsumorientierte und gerechtere Welt zum Ziel haben.

Unsere Welt neu denken

Und sie haben prominente Fürsprecher. Wer die preisgekrönte deutsche Politikökonomin Maja Göpel einmal in einer Talkshow erlebte, kennt ihren engagierten Appell für Veränderungen. In Unsere Welt neu denken. Eine Einladung fordert sie uns auf, unsere Lebensweise zu hinterfragen. Die Mitbegründerin der „Scientists for Future“ macht deutlich, dass sich unsere Welt an einem Kipp-Punkt befindet. Während es vielen Menschen so gut wie nie geht, zeigt sich in anderen Teilen ein Bild der Zerstörung. In ihrem Buch schreibt sie: „Aus den von der Moderne so sehr geförderten Utopien sind Dystopien geworden. Aus unserem Vertrauen in die Zukunft Sorge und Angst.“ Göpel zeigt Wege, bei der das Wohlergehen des Planeten mit dem der Menschheit vereinbar ist.

Von hier an anders

Auch der Grünen-Politiker Robert Habeck erkundet im HörbuchVon hier an anders die Gründe für den Verlust an Selbstverständlichem und entwirft eine Politik, die bessere Antworten auf die Probleme unserer Zeit gibt. Dabei geht es ihm nicht nur darum, der Klimakrise entgegenzuwirken. Vielmehr sucht Habeck auch Antworten darauf, wie wir die Erosion der Demokratie, den Vertrauensverlust in die Politik und das Auseinanderfallen Europas verhindern können.

Utopien – mal fantastisch, mal machbar

Utopien in fiktiven Werken sind häufig im Bereich der Fantasie oder in der fernen Zukunft angesiedelt. Sie sind im besten Sinne des Wortes fantastisch und lassen uns in eine völlig fremde Welt eintauchen, deren Realisierung schwer vorstellbar ist. Anders sieht das schon bei den Utopien aus, die sich Bewegungen wie Solarpunk erträumen oder die in Sach-Hörbüchern vorgestellt werden. Hier lernen wir Utopien kennen, die im Bereich des Machbaren liegen. Sie sind ein Appell an uns alle, unsere Zukunft neu zu denken. Dabei haben wir es selbst in der Hand, den ersten kleinen Schritt zu tun, um die Träume unserer Zeit wahr werden zu lassen.

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