Ein Bauzaun. Betonsäulen ragen mächtig in die Höhe. Tropfen wehen von oben herab, aus einem historischen Speicherbecken im Norden von Stockholm. Drumherum: Wald, die Bäume kahl wie Skelette. Vereister Schnee bedeckt den Boden. Keine Menschenseele in Sicht. Hier könnte es sein. Hier, an so einem Ort, könnten Rohre aus der Erde ragen und dumpfe, verzweifelte Laute an die Oberfläche dringen. Das Schaben von Fingernägeln. Hier könnte Jurek Walter seine Opfer lebendig begraben haben.
Lazarus, der 7. Band der Joona Linna Thriller Reihe von Lars Kepler, trägt seinen Titel nicht umsonst: Serienmörder Jurek Walter, der den finnisch-schwedischen Kommissar Joona Linna in den Vorgängern schon so unendlich viel persönliches Leid gekostet hat, scheint von den Toten wieder auferstanden zu sein. Todesfälle tragen seine Handschrift. Menschen verschwinden. Hat Joonas Kollegin Saga Bauer vom schwedischen Sicherheitsdienst den Serienkiller damals gar nicht erschossen? Waren die Leichenteile, die man fand, doch nicht von ihm? Oder sieht Joona, nach allem, was geschehen ist, zur Paranoia neigend, nur Gespenster?
Auch, wenn Lazarus viel Vorgeschichte hat: Man taucht schnell ein in diesen wahnsinnig spannenden Teil der Thriller-Reihe. Wie alle Bände, taugt auch dieser zum Stand-alone. Ohne große Probleme findet man sich in ein von Verfolgungswahn und lauerndem Unheil durchsetztes Szenario ein. Begreift, dass Joona Linna, Superintendent für Nationale Ermittlungen in Stockholm, von seiner persönlichen Nemesis durch diese Geschichte gepeitscht wird. Von einem Monster, das ihn bereits geliebte Menschen gekostet hat, eine Zeit im Gefängnis und eine lange Trennung von seiner versteckt lebenden Familie.
Denn Jurek Walter ist kein gewöhnlicher Serienmörder. Er tötet seine erwählten Opfer gar nicht. Er nimmt ihnen stattdessen alle, die sie lieben - entführt sie, begräbt sie lebendig, veranstaltet eine manipulative Schnitzeljagd, bis die Zielperson seiner grausamen Spielchen am Ende, innerlich zerstört, alles verloren hat und den Selbstmord wählt.
Lazarus treibt dieses Konzept auf fast unerträgliche Spitzen: Während Joona zu retten versucht, was von seiner Familie übrig ist, gerät Saga ebenfalls ins Visier des Killers. Es stellt sich die Frage, ob Jurek Walter wirklich dahinter steckt oder jemand ganz anderes. Atemlos jagt ein Spannungsmoment den nächsten, und dabei schreckt Lars Kepler auch nicht vor schockierenden und plötzlichen Morden an Hauptpersonen zurück, die in ihrer Erbarmungslosigkeit beinahe an Game of Thrones erinnern.
“Wir überschreiten eine Grenze. Aber die Regel lautet, dass er dir alles nimmt, wenn du nicht wegläufst oder ihn zuerst umbringst. Es wäre ansonsten nicht logisch, auch wenn ich mich wie ein sadistischer Gott fühle, Joona und Saga das anzutun.”
Lars Kepler
So zackig und gnadenlos ging es nicht immer zu in der Joona Linna Reihe, obwohl bereits Teil eins, Der Hypnotiseur, 2010 ein großer Erfolg war und schon vor der Veröffentlichung hoch gehandelt wurde. Da wusste auch noch niemand, dass sich hinter dem Pseudonym “Lars Kepler” in Wirklichkeit das Autoren-Ehepaar Alexandra Coelho Ahndoril und Alexander Ahndoril verbirgt.
Der Hypnotiseur, der erste gemeinsam geschriebene Kriminalroman des Ehepaares, ist ein komplexer, böser Thriller mit vielen falschen Fährten und einem auf Hypnose spezialisierten Psychologen als zweiter Hauptfigur neben Kommissar Joona Linna. Das Tempo ist allerdings noch nicht so hoch, die Handlungsfäden sind verschlungen, es gibt viele verschiedene Erzählperspektiven. Joona Linna steht noch nicht im Vordergrund, und auch Saga Bauer, die hübsche Prinzessin mit den harten Bandagen, taucht hier noch nicht auf (das tut sie in Teil zwei, Paganinis Fluch). Die Autoren mussten ihre gemeinsame Stimme erst festigen. Seitdem hat sich einiges verändert.
“Der Lars Kepler-Stil ist sauberer geworden, mit kurzen, gleich langen Kapiteln. Die Charaktere sind dieselben, aber der Stil ist jetzt kristallklar.“
Lars Kepler
Lazarus ist deutlich temporeicher und actionlastiger als die Anfangsbände. Da wird nicht lange gefackelt. Introspektion beruft sich auf ein Minimum - die Handlungen und Worte der Figuren sprechen für sich selbst. Waffen und Ermittlungstechnik spielen eine Rolle, und beides nehmen die Autoren sehr ernst. Sie recherchieren gründlich für ihre Geschichten. Das geht von Konsultationen mit Ärzten über Gespräche mit Psychologen, Training mit Nahkampf-Ausbildern und Beratungen bei der Polizei bis hin zu Schießunterricht bei Waffenexperten, um am eigenen Leib zu spüren, wie zwiespältig sich das Abfeuern einer Kugel aus Saga Bauers Glock 17 oder Joona Linnas Colt Commander anfühlt.
Gewalt kommt nicht zu kurz in den Joona-Linna-Büchern. Grausame Morde und Folter, sowohl psychisch als auch physisch, gehören mit dazu. Aber die Gewalt ist niemals sinnlos, voyeuristisch oder rein für den Schockeffekt Teil des Falls. Im Gegenteil: die brutalen Szenen lassen einen tief erschrocken zurück, oft auch angeekelt.
“Wir wollen Gewalt niemals schön oder cool aussehen lassen. Sie entsetzt uns immer und wir wollen das so realistisch wie möglich darstellen.”
Lars Kepler
Ganz wichtig ist den “Keplers” eine Balance: Es geschehen schreckliche Dinge, die die Figuren - allen voran die beiden tapferen Ermittler - tiefgreifend verändert zurück lassen. Aber es gibt auch immer einen Lichtblick. Wo im echten Leben Verbrechen oft ungesühnt und unaufgeklärt bleiben, gibt es am Ende der Kepler-Krimis Antworten und eine Auflösung. Die Dinge werden letztlich gerade gerückt, trotz aller Wunden.
Typisch für die düsteren Geschichten ist das skandinavische Noir-Feeling. Stockholm und Umgebung bilden den gewohnt sinistren Hintergrund für die Kriminalfälle. Dort wohnt Saga Bauer im alternativ-hippen Stadtteil Södermalm, und Joona Linna in einem schneeweiß eingerichteten, minimalistischen Apartment (das im wahren Leben das Schreib-Refugium der beiden Autoren ist). Trotzdem hat nichts in diesem bedrohlichen, parallelen Stockholm die sonnige Anmutung der Astrid Lindgren-Romane oder den freundlichen Blick der begeisterten Touristen in dieser Stadt. Es ist vielleicht der Kontrast zwischen dem positiven, sommerlichen Schweden-Image und der desillusionierten Bösartigkeit der vielen skandinavischen Krimis, der das Genre so reizvoll macht. Oder, wie Alexandra Ahndoril es ausdrückt: “Die Kinder von Bullerbü sind erwachsen geworden.”
Über die beiden Helden der Reihe, Joona Linna und Saga Bauer, sagen die Autoren, sie seien “einfach so aufgetaucht". Für sie ist es entscheidend, dass eine Figur bei ihnen selbst Neugierde erweckt, dass sie mehr über sie erfahren wollen. Ein besonderer Faktor der Reihe ist, dass in jedem Band neue Hauptfiguren neben den beiden Ermittlern eingeführt werden und das jeweilige Buch tragen. Joona und Saga sind teils nur das Beiwerk, das haltende Gerüst in einem Fall, der sich hauptsächlich um die Betroffenen dreht.
Diese Regel durchbrechen die Ahndorils in Lazarus erstmals: Hier dreht sich alles um Joona und Saga selbst. Es wird extrem persönlich und extrem hart - auch, weil sich die Geschichte um den berüchtigsten Killer der Reihe, der wie ein Schatten über allen bisherigen Büchern gelegen hat, diesmal zu einem Kreis schließt. Wie ein Crescendo fühlt sich das an, und auch die Ahndorils selbst bezeichnen Lazarus als ihr bisher bestes (und härtestes) Buch.
Dabei fingen sie bereits auf hohem Niveau an: Schon Der Hypnotiseur war so herausragend, dass sich jetzt die Produktionsfirma Anonymous Content die Rechte für eine TV-Serie gesichert hat. Außerdem wird es auch einen Film von Paramount Pictures geben - der konzentriert sich allerdings ganz auf den 4. Band der Reihe, Der Sandmann, mit Saga Bauer als Hauptfigur. Inwieweit beide Konzepte ineinander greifen und ob die gleichen Schauspieler in beiden Projekten auftreten werden, steht noch nicht fest. Gerade wird an den Skripten gearbeitet, und die Autoren sind glücklich, dass einer der Schreiber ein in den USA lebender Finne ist. Sicher ist, dass das Setting von Schweden in die USA verlegt und auf Englisch gedreht wird, denn für die Thriller interessiert sich ein globales Publikum.
Keiner kann sich vor dem Sandmann verstecken. Schlaf besser nicht ein. Der Albtraum hat schon begonnen.
Jurek Walter sitzt seit Jahren in Isolationshaft. Niemand darf ohne Aufsicht seine Zelle betreten. Dem Serienmörder wird zugetraut, auch hinter Gittern noch schreckliches Unheil anzurichten. Als eines seiner letzten Opfer plötzlich lebendig wieder auftaucht, steht für Kommissar Joona Linna fest, dass der Mörder einen Komplizen haben muss. Der Fall wird neu aufgerollt und ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt: Die Schwester des geretteten Mannes war damals auch entführt worden - und ist womöglich noch am Leben! Um ihren Aufenthaltsort zu erfahren, bittet Joona seine Kollegin Saga Bauer, sich in die Psychiatrie einweisen zu lassen. Jemand muss das Vertrauen des Serienmörders gewinnen...
Der vierte Fall für Kommissar Joona Linna.
Wird verfilmt: "Der Sandmann"
Die Kepler-Bücher erscheinen mittlerweile in 40 Sprachen übersetzt mit einer bisherigen Auflage von 13 Millionen. Lazarus stieg bei seiner Veröffentlichung in Schweden im Oktober 2018 sofort auf Nummer 1 der Bestsellerliste und war dort das bestverkaufte Buch des Jahres 2018. In Deutschland ist die Joona Linna-Reihe beim Lübbe Verlag zuhause und Hörbuchfans können sich über gleich zwei Audioversionen freuen: Während die gekürzten Hörbücher von Wolfram Koch eingelesen werden, ist der Stammsprecher der ungekürzten, exklusiv bei Audible erhältlichen digitalen Hörbücher Simon Jäger. Der versteht sein Thriller-Handwerk und fühlt sich - nicht zuletzt aufgrund seiner Cliffhanger-Erfahrungen als Haussprecher vom deutschen Thriller-König Sebastian Fitzek - auch in den rasant gewordenen Kepler-Krimis hörbar pudelwohl. Tempowechsel, suggestive Gänsehautmomente und ein Konzert verschiedener Stimmen sind für ihn kein Problem.
Die Autoren selbst sind übrigens ebenfalls Hörbuch-Fans. Alexander hört beim Schreiben von Dialogen sogar Stimmen - und flüstert dabei vor sich hin. Joona hat in seinem Kopf einen typischen, melancholischen Finnland-Akzent und eine tiefe Stimmfarbe. Saga hört sich so ähnlich an wie seine Frau - obwohl sie die Figur nach ihrer ältesten Tochter benannt haben.
Ein Ende der Reihe ist nicht in Sicht. “Jedesmal haben wir das Gefühl, dass wir alles gegeben haben”, sagt Alexandra Ahndoril. “Wenn wir ein Buch fertig haben, räumen wir erstmal zwei, drei Tage auf, waschen unsere Wäsche, kümmern uns um den Haushalt. Und dann kommt schon wieder die nächste Idee.” Für den nächsten Band gibt es schon eine grobe Vorstellung, wie es weitergeht, und das ist auch gut so. Denn wenn man Lazarus aus den Ohren nimmt und das Herzrasen endlich nachlässt, muss man unbedingt wissen, wie es weitergeht.
*Fotos: Olivier Favre *
Alle ungekürzten Thriller in der richtigen Joona Linna Reihenfolge:
Vor den Toren Stockholms wird an einem Sportplatz die Leiche eines brutal ermordeten Mannes entdeckt. Kurz darauf werden Frau und Tochter ebenso bestialisch getötet aufgefunden. Offenbar wollte der Täter die ganze Familie auslöschen. Doch der Sohn überlebt schwer verletzt. Als Kriminalkommissar Joona Linna erfährt, dass es ein weiteres Familienmitglied gibt, eine Schwester, wird ihm klar, dass er sie vor dem Mörder finden muss. Er setzt sich mit dem Arzt und Hypnotiseur Erik Maria Bark in Verbindung. Er will, dass Bark den kaum ansprechbaren Jungen unter Hypnose verhört. Bark hatte sich jedoch wegen eines traumatischen Erlebnisses geschworen, niemals mehr zu hypnotisieren. Aber es geht hier um ein Menschenleben. Es gelingt ihm schließlich, den Jungen zum Sprechen zu bringen. Was er dabei erfährt, lässt ihm das Herz gefrieren...
Carl Palmcrona wird tot in seiner Stockholmer Wohnung aufgefunden. Das Zimmer, in dem er an einem Strick hängt, ist unmöbliert - es gibt darin nichts, worauf er hätte steigen können, um Selbstmord zu begehen. Am selben Tag wird auf einer Jacht vor Stockholm eine tote Frau entdeckt. Ihre Lungen sind mit Meerwasser gefüllt, ihr Körper und ihre Kleider jedoch sind vollkommen trocken. Diese beiden mysteriösen Todesfälle geben der Polizei Rätsel auf. Joona Linna beginnt zu ermitteln - und steht schließlich vor seiner gefährlichsten Prüfung überhaupt.
In einer Einrichtung für suizidgefährdete junge Mädchen im Norden Schwedens wird eine Zwölfjährige ermordet aufgefunden - aufgebahrt in einem Bett, mit beiden Händen vor dem Gesicht. In der gleichen Nacht wird eine Krankenschwester brutal erschlagen. Niemand hat etwas gesehen. Als in einem Zimmer ein blutverschmierter Hammer gefunden wird, scheint der Fall aufgeklärt, doch das Mädchen, das dort lebte, ist verschwunden. Ihm ist es gelungen, in einem Auto zu fliehen. Für die Polizei beginnt damit ein dramatischer Kampf gegen die Zeit, denn in dem Wagen saß ein kleines Kind. Das Auto wird kurze Zeit später in einem Fluss in der Nähe entdeckt, und die Mörderin gilt auf tragische Weise als überführt. Nur Kriminalkommissar Joona Linna ist skeptisch. Zu viele Fragen sind noch offen. Was war das Mordmotiv? Und warum wurde eines der Opfer so merkwürdig aufgebahrt?
Keiner kann sich vor dem Sandmann verstecken. Schlaf besser nicht ein. Der Albtraum hat schon begonnen.
Jurek Walter sitzt seit Jahren in Isolationshaft. Niemand darf ohne Aufsicht seine Zelle betreten. Dem Serienmörder wird zugetraut, auch hinter Gittern noch schreckliches Unheil anzurichten. Als eines seiner letzten Opfer plötzlich lebendig wieder auftaucht, steht für Kommissar Joona Linna fest, dass der Mörder einen Komplizen haben muss. Der Fall wird neu aufgerollt und ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt: Die Schwester des geretteten Mannes war damals auch entführt worden - und ist womöglich noch am Leben! Um ihren Aufenthaltsort zu erfahren, bittet Joona seine Kollegin Saga Bauer, sich in die Psychiatrie einweisen zu lassen. Jemand muss das Vertrauen des Serienmörders gewinnen...
Der vierte Fall für Kommissar Joona Linna.
Der Serienmörder folgt einem perfiden Muster: Er sucht nach Frauen, die alleine leben. Er filmt sie abends durch das erleuchtete Fenster und stellt den voyeuristischen Clip auf YouTube. Und dann ermordet er die Frauen. Die Kriminalpolizei versucht alles, um einen nächsten Mord zu verhindern. Aber der Mörder ist ihnen immer einen Schritt voraus... Beim vierten Mordopfer ist das Muster jedoch durchbrochen: Die Ermittler finden am Tatort einen bewusstlosen Mann. Ist er etwa der Täter?
Joona Linna ermittelt in seinem 6. Fall.
Stockholm. In einem wohlhabenden Viertel geschieht ein bestialischer Mord. Die Polizei ist gleich vor Ort, hält den Fall jedoch geheim. Sie kontaktiert Joona Linna, der momentan seine Gefängnisstrafe absitzt. Bei einem geheimen Treffen bittet man ihn, die Mörderjagd aus dem Gefängnis heraus zu leiten. Als er merkt, dass man ihm Fakten vorenthält, ist es bereits zu spät. Er ist schon zu sehr in den Fall verwickelt, um auszusteigen. Von nun an ist er auf sich gestellt - und eine für ihn lebensgefährliche Jagd beginnt.
Ein weiterer spannender Schweden-Krimi aus der Bestseller-Reihe von Lars Kepler.
Hat Jurek Walter überlebt? Der gefährlichste Serienmörder Schwedens wurde vor Jahren für tot erklärt. Er war bei einem dramatischen Polizeieinsatz von mehreren Kugeln getroffen in den Fluss gestürzt. Seine Leiche wurde jedoch niemals gefunden. Als nun der Schädel von Joona Linnas toter Ehefrau in der Wohnung eines Grabschänders entdeckt und eine perfide Mordserie aus ganz Europa gemeldet wird, ahnt Joona Linna das Unvorstellbare: Der Albtraum ist nicht zu Ende, und der grausame Serienmörder droht, alle lebendig zu begraben, die Joona lieb sind. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt...