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Kunst hören – Kunst fühlen

Kunst hören – Kunst fühlen

Ein Gemälde anstarren, bis jeder Pinselstrich im Herzen aufleuchtet. Eine Skulptur umrunden, bis die Hände vor Sehnsucht nach Berührung zucken. Die Gewölbe einer Kathedrale bestaunen und vor Ehrfurcht erstarren. Was hat uns das im Lockdown gefehlt: Durch Museen zu streifen, durch Galerien zu schlendern, oder auf Reisen berühmte Bauwerke zu besichtigen war so lange nicht oder nur so eingeschränkt möglich, dass unser Horizont geradezu geschrumpft ist - meist auf die Ausmaße von Wohnung und Home Office.

Aber auch im Kopf: Die Auseinandersetzung mit Kreativität, mit Fantasie und Imagination regt unser eigenes Denken an, belebt unsere Gefühlswelt und sorgt für Begeisterung und Inspiration. Und was haben wir das vermisst!

Einige Museen bieten inzwischen zwar virtuelle Rundgänge an, und zu jedem berühmten Kunstwerk lassen sich im Internet Bilder und Beschreibungen finden. Ein kleiner Trost, denn dasselbe ist es natürlich nicht wie ein Live-Besuch. So richtig berühren sie uns auf dem Tablet oder Laptop nicht, die Sternennacht von Vincent van Gogh oder die Skulpturen von Michelangelo. Der Zauber kommt nicht wirklich rüber.

Was also tun, wenn man nicht zur Kunst kann? Ganz egal, ob wegen der Pandemie oder ganz einfach, weil auch zu normalen Zeiten längst nicht jeder die Möglichkeit hat, mal eben im Museum of Modern Art in New York einzuschweben oder in den Louvre nach Paris rüber zu hüpfen?

Künstlerromane: Dichtung und Wahrheit

Eine Möglichkeit: Kunst hören! Und damit ist nicht Musik gemeint, sondern ein Hörbuchgenre, das uns mitten hinein versetzen kann in ein Gemälde, in eine Epoche, in den kreativen Kopf, aus dessen Pinsel das Kunstwerk stammt: Die Rede ist vom Künstlerroman. Und auch, wenn sich das erstmal hochtrabend und intellektuell anhört: Da muss jetzt niemand vor irgendwelchen Berührungsängsten zurückschrecken! Künstlerromane sind nämlich nur in wenigen Fällen anspruchsvolle, herausfordernde Literatur für Kunstbesessene. Im Gegenteil: Gute Künstlerromane sind eine Mischung aus historischem Roman, lebendiger Lebensgeschichte und Eintauchen in eine große Leidenschaft - häufig gemischt mit Romantik. Oft bieten sie gerade Neulingen eine unterhaltsame Einführung in die Kunst.

Wikipedia definiert den “Künstlerroman” so:

"...eine Erzählung, in der das Schicksal eines Künstlers bzw. Genies geschildert und sein Schaffen, sein Leben und das gesellschaftliche und persönliche Umfeld beleuchtet werden. Der Protagonist kann eine wirkliche oder eine fiktive Person sein."

Das ist ein ganz wichtiger Punkt: Künstlerromane verweben Fakten mit Fiktion. Entweder gab es den Künstler, die Künstlerin oder das Kunstwerk wirklich, aber die Handlung wird mit Erfundenem ausgeschmückt; oder der Roman handelt von einer Figur oder einem Kunstwerk, die so nie existierten, aber das Zeitalter oder die Kunstform sind absolut real, und die Geschichte hätte sich so ereignen können.

Genau das - diese Mischung aus Dichtung und Wahrheit - macht den Künstlerroman so mitreißend und hebt ihn ab von manchmal trockenen oder langweiligen Biografien. So wird ein Haufen bekannter Fakten und Daten erst richtig lebendig, wenn wir nicht nur die (mögliche) Geschichte dahinter erfahren, sondern auch Einblick in die Gedanken und in das Herz des kreativen Geschöpfes erhalten, das den Pinsel schwenkt oder die Kamera hält. Manchmal schauen wir auch durch die Augen einer erfundenen Figur - eine Muse, ein Liebhaber, ein Freund - auf die berühmte Figur und bekommen so eine Identifikationsmöglichkeit, die uns in den Roman hineinzieht.

Wa(h)re Kunst und darüber hinaus

Man kann sich zum Beispiel lange Bilder von Michelangelo Buonarottis berühmtem Fresko in der Sixtinischen Kapelle im Internet angucken, und jeder weiß, dass er ein berühmter Bildhauer war. Aber wenn man in Der Sixtinische Himmel von Leon Morell Zeuge wird, wie Michelangelo sich selbst vergisst - Essen, Trinken, Schlaf, frische Kleidung - während er mit getriebener Leidenschaft eine Skulptur aus einem Marmorsockel “befreit”, wie er fast erblindet beim Fertigstellen des Freskos, im Kerzenschein, in Kälte und Hitze kopfüber auf einem Gerüst arbeitend, dann bekommt seine Kunst eine ganz andere Bedeutung. Und auch, wenn die Liebe zu seinem Gehilfen Aurelio rein fiktiv ist: Wir verstehen seine Gefühle, das verzweifelte Streben nach makelloser Schönheit.

Der sixtinische Himmel

Ein ähnlicher Sog entsteht beim Hören von Das Leben ist ein Fest von Claire Berest: Natürlich springt uns schon aus Frida Kahlos farbenfrohen Werken eben dieses Leben entgegen - aber wie viel intensiver wird es, wenn wir mit der Mexikanerin durch eben dieses Leben preschen, wenn wir mit ihr trinken und feiern, uns berauschen und lieben - vor allem den Maler Diego Rivera, mit dem sie gleich zweimal verheiratet war. Und das trotz der Schmerzen, mit denen die Künstlerin aufgrund der Folgen eines Unfalls lebenslang klar kommen musste. Dieser Künstlerroman wirkt wie ein Booster: Hört man Fridas Geschichte, leuchten ihre Gemälde noch stärker.

Das Leben ist ein Fest

Um Licht geht es auch im englischen Roman The Mercury Visions of Louis Daguerre. Eben jener war - den meisten von uns unbekannt - einer der Erfinder der Fotografie. Sein Daguerreotypien waren mit Silber bedampfte Kupferplatten, auf denen die belichteten Motive mit hochgiftigem Quecksilber und weiteren toxischen Chemikalien fixiert wurden. Der Roman von Dominic Smith transportiert uns ins Frankreich des 19. Jahrhunderts, in die Welt der Bohème, der Künstlerszene, wo Daguerre mit Schriftstellern wie Charles Baudelaire mit Drogen experimentiert, während draußen eine Revolution nach der anderen tobt. Die Liebesgeschichte zu seinem ehemaligen Kindermädchen ist frei erfunden - nicht aber die schweren Folgen seiner schleichenden Quecksilbervergiftung, die Daguerre wissend in Kauf nahm für sein Ziel: mit Licht zu malen.

The Mercury Visions of Louis Daguerre

Ungleich berühmter sind der niederländische Maler Jan Vermeer und sein Gemälde Das Mädchen mit dem Perlenohrring - auch durch den gleichnamigen Roman von Tracy Chevalier und die Verfilmung mit Scarlett Johansson in der Hauptrolle. Fakt sind Maler und Gemälde. Erfunden ist die ganze Geschichte dahinter, erzählt aus Sicht der jungen Magd Griet, die von Vermeers Hausangestellter zu dessen Muse und Modell wird. Chevalier macht daraus nicht nur ein Eifersuchtsdrama mit Vermeers Ehefrau, sondern beleuchtet neben der klassischen Rolle der weiblichen Muse auch die Rolle der Frau im 17. Jahrhundert in Westeuropa. Selbst, wenn es sich in Wahrheit ganz anders zugetragen hat: Wer dieses Hörbuch hört, betrachtet das Gemälde mit völlig anderen Augen.

Das Mädchen mit dem Perlenohrring

It’s a Man’s World: Der Kampf der Künstlerinnen

Gerade, was Künstlerinnen und ihr Werk angeht, sind solche Romane ein oft empörender Augenöffner für den Umgang mit Frauen in der Vergangenheit - vor allem mit Frauen, die in ihrem Talent den männlichen Kollegen ebenbürtig oder sogar überlegen waren. Malergilden nahmen Frauen nicht auf. Bildung wurde Mädchen verweigert. Das Malen männlicher Modelle wurde ihnen verboten. Durften sie ihr Talent dennoch ausleben, geschah das meist im Schatten der Männer.

Noch viel Schlimmeres geschah der italienischen Barock-Malerin Artemisia Gentileschi, wie wir in einem ungewöhnlichen, teils in Versform geschriebenen Roman erfahren. Mit siebzehn wird Artemisia von ihrem Lehrer vergewaltigt und im anschließenden Prozess gegen ihren Peiniger gefoltert und gedemütigt. Das ist keine Fiktion - das sind Fakten. Gentileschi ist heute bekannt für ihre mutige Darstellung starker Frauenfiguren in ihren Gemälden. Zwei dieser Figuren stehen ihr in Blood Water Paint in Gedanken zur Seite und begleiten sie durch die Hölle. Die Autorin Joy McCullough hat einen poetischen, aber auch schonungslosen Empowerment-Roman geschrieben, der wütend macht und uns ein völlig neues Verständnis gibt für Gentileschis berühmtestes Gemälde, Judith enthauptet Holofernes.

Blood Water Paint

Erfunden ist dagegen die Malerin in Dominic Smiths zweitem Künstlerroman, Das letzte Bild der Sara de Vos. Sie steht sinnbildlich für andere Künstlerinnen, die im Goldenen Zeitalter der niederländischen Malerei um Aufnahme in die männlich dominierten Gilde kämpften und denen wirtschaftliche Unabhängigkeit so gut wie unmöglich gemacht wurde. Smith erzählt auf drei Zeitebenen - Sara, ein Kunsthändler in den 50er und eine junge Kunstfälscherin in der Gegenwart - aber die bewegendste Geschichte ist die von Sara und die schmerzvolle, berührende Geschichte hinter einem ihrer Bilder. Wir tauchen tief ein in die Atmosphäre, die Farben, das Leuchten des 17. Jahrhunderts in Amsterdam, und unter die Haut dieser begabten, nicht aufgebenden Malerin. Ihr Gemälde, so nah an uns herangetragen, bricht uns das Herz. So schön geschrieben und von Elisabeth Günther sensibel vorgelesen, dass es einem den Atem raubt.

Das letzte Bild der Sara de Vos

Zeitreise und Geschichtsunterricht

Geschichte ist immer eine Hauptzutat in Künstlerromanen. Vor welchem Hintergrund, in welchen politischen Turbulenzen oder gesellschaftlichen Umwälzungen Künstler ihre Werke erschufen, gibt den Gemälden oder Skulpturen, die wir heute betrachten, einen entscheidenden Kontext. Nicht selten brachten sich Künstler durch ihre Arbeit in Schwierigkeiten. Sie eckten an, sie kritisierten und karikierten. Sie prangerten an, entblößten, forderten heraus, was die Norm war. Und nicht selten gerieten sie durch ihre Kunst in Gefahr.

Der zweite Weltkrieg war so eine Zeit. In Deutschland verbrannten die Nazis “entartete” Kunst, und jüdische Künstler mussten vor der Verfolgung flüchten. Eine von ihnen war Charlotte Salomon, an die Autor David Foenkinos in seinem Roman Charlotte erinnert. Belastet von familiären Tragödien und unter schrecklichen Umständen gelingt es der jungen Malerin trotz allem, ihre eigene Stimme und ihren eigenen Stil zu finden. Nach Frankreich geflüchtet, malt sie fieberhaft unzählige expressionistischer Gemälde. Bis die Deutschen auch Frankreich besetzen….

Geschichtsstunde und Kunstunterricht zugleich, bewahrt Foenkinos eine beeindruckende, von den Nazis ermordete Künstlerin vor dem Vergessen.

Charlotte

Ins Zeitalter der Frührenaissance transportiert uns The Painter of Souls von Philip Kazan. Viel ist nicht bekannt über den Maler Fra Lippo Lippi, der vom Straßenvagabunden zum Mönch und Maler wurde. Doch Autor Philip Kazan nutzt seine Geschichte, um uns mitzunehmen nach Florenz im 15. Jahrhundert, in die dreckigen Straßen der Stadt mit ihren Bettlern und Gaunern ebenso wie in die reich verzierten Kirchen und in die heilige, gelehrte Stille der Klöster. Es ist eine Zeit der Veränderung in der Kunst und im Denken, des frühen und nie endenden Clashs von Glaube und Wissenschaft, und mittendrin ist da dieser unorthodoxe Maler, der in einem Augenblick der Eingebung eine obdachlose Mutter und ihr Kind auf seinen Umhang malt - und ihre Seelen in der Zeichnung einfängt. Geschichte, Kultur und Kunst im perfekten Mix mit üppig ausgeschmückter Wahrheit vereinen sich zu einem malerischen Hörerlebnis.

The Painter of Souls

Kunst, die in den Himmel ragt

Kunst beschränkt sich natürlich nicht auf Bilder, also auf Malerei oder Fotografie. Kunst hat so viele Spielarten. Und die “größte” Form der Kunst: Architektur. In alten Zeiten war die Erschaffung prunkvoller Gebäude in der Regel religiös motiviert. Nur die Kirche oder mächtige Herrscher konnten die immensen Mittel herbeischaffen, um solch monumentale Projekte in die Tat umzusetzen. Die Planung und der Bau von kunstvollen Kathedralen bedeuteten oft, dass sich die Erschaffung über Jahrzehnte - wenn nicht sogar über ein Jahrhundert hinweg - hinzogen. Die Architekten (und die beteiligten Bildhauer, Maler etc.) erlebten die Fertigstellung oft selbst nicht mit und wussten das sogar von Beginn an. Kunst als echtes Lebenswerk - welch eine Leidenschaft war dafür nötig?

Solch einen Kathedralenbau als schillernden historischen Roman und Lebensgeschichte der beteiligten Personen schrieb Ken Follett mit Die Säulen der Erde. Im zwölften Jahrhundert in England, im fiktiven Kingsbridge, begleiten wir den Baumeister Tom, den Prior Philip und viele weitere Charaktere durch Schicksalsschläge und Entbehrungen, während sie alle an der Errichtung einer Kathedrale beteiligt sind. Ein Mittelalter-Epos ist entstanden, im Zentrum ein mächtiges, kunstvolles Bauwerk, um das herum sich die Welt verändert und viele Leben gelebt werden, von ihm berührt und überdauert. Das ist kein Künstlerroman im eigentlich Sinne, sondern ein historischer Roman der unterhaltenden, leicht zu lesenden Sorte, bringt uns aber viel, viel näher heran an die unfassbaren Dimensionen eines kreativen Schaffensprozesses von gigantischem Ausmaß. Und Follett bringt uns das Mittelalter so nahe, als wären wir dabei gewesen.

Einem tatsächlich existierenden Meisterwerk der Architektur gewidmet ist der berühmte Roman Der Glöckner von Notre Dame von Victor Hugo. Die Liebesgeschichte zwischen der Bettlerin und Tänzerin Esmeralda und dem buckligen Quasimodo wird gerne aufgebauscht als Herz des historischen Romans. Tatsächlich aber ist es die Kathedrale selber, die die Hauptrolle spielt, und im französischen Original heißt der Roman auch schlicht Notre Dame de Paris. Es geht zwar nicht um deren Bau, aber Hugo schwelgt seitenweise in Beschreibungen der architektonischen und künstlerischen Details und in der Erhabenheit und dem Prunk dieser grandiosen Kirche. Der Roman ist vom Plot her nicht gerade spannungsgeladen, doch für Architekturliebhaber und alle, die mit Zittern und Spannung dem Wiederaufbau der 2019 bei einem Großbrand schwer beschädigten Kathedrale folgen, ist dieses Hörbuch eigentlich Pflichtprogramm.

Der Glöckner von Notre Dame

Mehr um den Mann als um sein Werk geht es in Loving Frank von Nancy Horan. Und in modernere Zeiten: Als Liebesgeschichte konzipiert ist dieser Roman über den amerikanischen Star-Architekten Frank Lloyd Wright (1867 - 1959), der unter anderem das berühmte Guggenheim Museum in New York entwarf. Tatsächlich ist die zentrale Figur des Hörbuchs Wrights obskure Geliebte, Mamah Borthwick Cheney, aus deren Sicht wir einen intimen Blick auf den Ausnahme-Architekten und Menschen hinter dem bekannten Namen erhalten. Wie für viele Künstler, spielte auch für Wright die Muse als inspirierende Kraft eine Rolle. War Mamah Cheney das für ihn? Zwischen atemberaubenden, innovativen Gebäuden, US-Zeitgeist-Porträt und der Geschichte einer starken Frau erhaschen wir einen zwar teils fiktiven aber auf wahren Tatsachen beruhenden Einblick in eine US-Ikone.

Loving Frank

Die Kunstwelt: eine Schlangengrube

Galerien, Auktionen, Millionengeschäfte: Auch das ist eine Seite der Kunst. Es geht zwar auch um Talent, aber mindestens ebenso viel um Beziehungen und Geld. Und oft genug um Betrug und Benachteiligung.

Siri Hustvedt hat mit ihrem Bestseller Die gleißende Welt eine Pseudo-Biografie erschaffen, in der eine Künstlerin der männlich dominierten Kunstszene in New York die Stirn bietet und für ihren Erfolg eine Art Pakt mit dem Teufel eingeht. Bislang erfolglos mit ihren lebensgroßen Puppen, aber verheiratet mit einem einflussreichen Galeristen, veranstaltet die fiktive bildende Künstlerin Harriet Burden nach dessen Tod mehrere Ausstellungen unter männlichem Namen, mit männlichen Helfershelfern als Erfüllungsgehilfen. Natürlich stellt sich daraufhin der große Erfolg ein. Aber einer ihrer Gehilfen durchkreuzt ihren Plan. Provokant und scharfsinnig entblößt Hustvedt das harte, unfaire und unberechenbare Business hinter der Kunst.

Die gleißende Welt

Auch nicht erfolgreich ist die junge Malerin Claire in Barbara A. Shapiros Kunstfälscher-Roman The Art Forger. Zumindest nicht mit ihren eigenen Werken. Ihr Einkommen sichert sie sich daher mit Kunstunterricht in einer Jugendstrafanstalt sowie mit dem Anfertigen offiziell beauftragter Kopien. Eine davon verwickelt sie in einen Kunstraub und macht sie zur illegalen Fälscherin.
Das Hörbuch, sehr gefühlvoll vorgelesen von Xe Sands, die auch schon in Blood Water Paint brillierte, bringt uns neben einer spannenden Geschichte zwei Dinge näher: Die unterschätzte Kunst der Fälschung mit ihren faszinierenden Techniken zur vorgetäuschten Alterung von Leinwänden und Farben und der Kunstfertigkeit, Farben und Material originalgetreu zu kopieren; und die Kraft der Kunst als Mittel zum Ausdruck und als Ventil, als Kanal für Wut und Schmerz und alle anderen Emotionen auf dem Spektrum.

The Art Forger

Wie man sieht, verbirgt sich hinter dem hochtrabenden Begriff “Künstlerroman” viel mehr als nur eine ausgeschmückte Biografie. Hörbücher, die sich mit Kunst und deren Schöpfern befassen, vermitteln neben Wissen so viel mehr: Zeitgeschichte, Lebenswege, die Inspiration hinter dem Werk. Sie gewähren Einblick in die Welt von Kunstgewerbe und Kunsthandel, in Kultur, Ästhetik und Denkweise der Zeit, in der die Werke erschaffen wurden. Sie erzählen die Geschichte hinter dem Bild, machen uns mit dem Vorbild für eine Skulptur bekannt und mit der Logistik, den Techniken und Arbeitsgängen bei der Erschaffung von Kunst. Vor allem aber transportieren Romane über Kunst eines: Emotion. Was trieb diese Menschen an, als sie den Pinsel, den Meißel oder Mauersteine in die Hand nahmen und etwas schufen, auf das wir immer noch in Ehrfurcht starren? Eine verlorene Liebe? Das Streben nach einem Ideal? Unbändige Neugier? Schmerz und Wut?

Die Geschichte hinter der Kunst kennenzulernen, bringt sie uns näher und reißt die Barriere zwischen Schöpfer und Betrachter nieder. Dann auch noch mit einer Stimme versehen, die die Brummigkeit eines alternden Michelangeo, die Verwundbarkeit einer Artemisia oder den toxischen Rausch eines Louis Daguerre transportiert, verbinden sich Klang und Gefühl zu plastischen, berührenden Bildern im Kopf. Natürlich ist visuelle Kunst für die Augen geschaffen. Doch wer hätte das gedacht? Man kann sie auch mit den Ohren sehen.

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