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Clannon Miller: „Ich renne nicht mit der Zorro-Maske herum“

Clannon Miller: „Ich renne nicht mit der Zorro-Maske herum“

Clannon Miller, wie schön, dass Sie sich Zeit genommen haben für ein Interview. Apropos Zeit: Wie schaffen Sie es überhaupt, neben Ihrem Vollzeitjob als Führungskraft noch zu schreiben?

Diese Frage stelle ich mir auch immer. Ich schreibe zur Entspannung nach meiner stressigen Arbeit. Als ich zum ersten Mal ein Buch hochgeladen habe, das dann auch gleich ein Kindle-Bestseller wurde, wurde aus dem Hobby Ernst. Zeit zum Schreiben finde ich dank Disziplin und perfekter Alltagsorganisation. Ich kann mich gut selbst motivieren und leiste mir weder Gejammer noch große Auszeiten. Ich schreibe hauptsächlich am Wochenende und nach Feierabend. Das Problem dabei ist: Die Muse küsst mich nicht immer dann, wenn ich gerade Zeit habe. Aber heute habe ich Urlaub und schon zwei Stunden geschrieben. (Anmerkung: Das Interview fand am Montagmorgen um 9 Uhr statt.)

Wie sah Ihr Werdegang als Schriftstellerin aus - vom Selfpublisher zu Ihrem aktuellen Erfolg?

Ich glaube, ich bin mit dem Drang geboren worden, Geschichten zu erzählen. Ich habe schon in der Grundschule mein erstes Buch geschrieben und meinen Geschwistern gezeigt. Die habe mich natürlich ausgelacht. In den 90er Jahren habe ich dann tatsächlich ein Buch an einen Verlag geschickt. Der war auch ganz interessiert. Aber die Lektorin wollte, dass ich vieles ändere, zum Beispiel die Erotik herausnehme. Da dieser Aspekt für mich jedoch wichtig war und das Schreiben damals nur ein Hobby, wollte ich das nicht. Dann kamen Amazon, der Kindle – und die Möglichkeit zum Selfpublishing. Ich lud also eines der Bücher hoch, das ich schon länger auf der Festplatte hatte, und war verblüfft über die positiven Reaktionen. Inzwischen kommen Anfragen von Verlagen oder eben jetzt von Audible. Die Zusammenarbeit mit Audible erschien mir als ausgesprochen reizvoll, denn ich habe tatsächlich das Gefühl, dass meine Hörbücher besonders geliebt werden. Die Zusammenarbeit mit Audible an unserem ersten Audible Original war ein tolles und sehr erfolgreiches Experiment, das ich gerne wiederholen werde.

Heartbroker

Sie haben Spaß am Klischee – funktioniert Erotik nicht ohne Klischees?

Das weiß ich gar nicht. Ich denke, in einem erotischen Liebesroman braucht es das. Die schöne Jungfrau, der tolle männliche oder finstere Held, den die Jungfrau schließlich nach vielen Irrungen und Wirrungen zur Liebe bekehrt – so lese ich das selbst am liebsten und genauso schreibe ich es auch.

Wie haben Sie das Schreiben gelernt?

Ich habe es nicht wirklich gelernt. Ich bin mir auch nicht sicher, ob man Schreiben wirklich lernen kann. Natürlich muss man sein Werkzeug beherrschen, wie ein Bildhauer, der Hammer und Meißel benutzt. Aber meiner Meinung nach gehört auch Begabung und Gespür dazu, eine Dramaturgie zu entwickeln, einen Plot und Charaktertiefe für alle Darsteller, auch die Nebenrollen. Aber ich verbessere meine Fähigkeiten mit jedem Buch. Grundsätzlich schreibe ich Bücher so, wie ich sie selbst gerne lesen würde. Meine Sprache orientiert sich an der Alltagssprache ganz normaler Menschen – meine Leser mögen das so. Ich verwende zum Beispiel gerne Anglizismen, weil ich finde, dass sie Ausdruck der Entwicklung unserer Sprache sind. Manchmal hole ich mir Tipps aus Fachbüchern oder Autorenratgebern. Aber oft kenne ich die schon oder bin anderer Meinung und am Ende mache ich es so, wie ich es für richtig halte.

First Night - Der Vertrag

Wieso spielt Ihr Roman „Kiss me, Doc“ in Irland?

Ich liebe Irland über alles und würde dahin auswandern, wenn es irgendwann anstehen würde. Ich habe mal eine Umfrage unter meinen Fans gemacht, wo meine Bücher denn spielen sollten? Da waren fast alle für die USA und dann kam auf dem zweiten Platz gleich Irland. Das war natürlich ein glücklicher Zufall. Aber ansonsten schreibe ich, was mir durch den Kopf spukt, und lege die Handlungssorte nicht nach Trends fest. Wenn sich mein Geschmack mit dem Mainstream deckt, habe ich eben Glück gehabt.

Ihre Fans lieben Ihre Liebesromane – finden Sie es manchmal schade, anonym bleiben zu müssen?

Ja – und nein. Ich habe schon mal ein Meet and Greet mit Fans gemacht. Ich renne nicht mit der Zorro-Maske herum und bin auch mit meinem Pseudonym authentisch. Ich möchte aber nicht, dass jemand, der mich aus dem Berufsleben kennt, von meinem Nebenberuf weiß – das wäre nicht empfehlenswert, solange ich erotische Romane schreibe.

Hören Sie selbst gerne Hörbücher – und wenn ja, welche?

Ich mochte Hörbücher nicht, bis „Pygmalion - perfekt unverliebt“ als Hörbuch herauskam. Das musste ich dann natürlich notgedrungen anhören – und habe das Grinsen gar nicht mehr von meinem Gesicht bekommen. Seither liebe ich Hörbücher. Ich höre am liebsten Sachbücher, auf Bahnfahrten und bei der Hausarbeit. In letzter Zeit habe ich alle Bücher von Yuval Noah Harari gehört und fange jetzt wieder von vorne an – ein faszinierender Mann, ich kann seine Bücher nur wärmstens empfehlen. Wenn ich lese, lese ich gerne Science-Fiction und Fantasy.

Pygmalion: Perfekt unverliebt

Wird es eine Verfilmung Ihrer Bücher geben?

Das weiß ich nicht. Ich bräuchte das nicht unbedingt. Aber wenn sich jemand dafür interessiert, würde ich mich wohl nicht sperren. Da habe ich mir noch nie den Kopf drüber zerbrochen.

Planen Sie, ganz vom Schreiben zu leben?

Mein Beruf gibt mir die Freiheit, so zu schreiben, wie ich möchte. Wäre ich auf die Einnahmen angewiesen, würde das einen ungeheuren Druck erzeugen. Ich müsste dann schreiben, um Einnahmen zu generieren – und das würde mich in meiner Kreativität völlig bremsen. Diese Zwangsjacke möchte mich mir nicht anziehen.

Haben Sie manchmal Angst, dass eines Tages ein Reporter vor Ihrer Tür steht, der – wie bei Elena Ferrante – unbedingt Ihre Identität lüften möchte?

Ich kenne meine schriftstellerischen Grenzen und bilde mich nicht ein, so interessant zu sein wie Elena Ferrante. Aber wenn so etwas eines Tages passiert, dann passiert es eben. Ich versuche aus guten Gründen, meine beiden Identitäten auseinanderzuhalten. Aber wenn es eines Tages rauskommt, geht auch nicht die Welt unter.

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