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Wer Österreich verstehen will, muss hören

Wer Österreich verstehen will, muss hören

Schnitzel, Sachertorte und Skifahren – in der Vorstellung vieler Deutscher gleicht Österreich einer kitschig-schönen Heimatidylle mit rotbackigen Wintersport-Assen, die deftige Fleischgerichte verzehren. Der typische Ösi ist demnach ein sympathischer Naturbursche mit einem eher konservativen Weltbild. Dass dieses eindimensionale Bild dem Land nicht gerecht wird, zeigen aktuelle Bücher österreichischer Schriftsteller ebenso wie ein Blick in die beeindruckende Literaturgeschichte des Landes.

Vor der Gründung der Republik Österreich im Jahr 1918 war das Land ein Vielvölkerstaat, in dem Bosnier, Bulgaren, Deutsche, Italiener, Kroaten, Rumänen, Serben, Ungarn und andere zusammenlebten. Aus dieser Vielfalt entstanden nicht nur Spannungen, sondern auch eine reiche Kulturproduktion. Bis heute prägt die Auseinandersetzung zwischen denen, die diese Pluralität befürworten und jenen, die sie angst- oder hasserfüllt betrachten, das Land.

Österreich und seine Polit-Skandale: Aktuelle Sachbücher

Der aus Ungarn stammende Publizist Paul Lendvai gilt als einer der profundesten Kenner nicht nur seiner österreichischen (Wahl-)Heimat, sondern des gesamten ost- und südosteuropäischen Raumes. Sein aktuelles Werk heißt Vielgeprüftes Österreich: Ein kritischer Befund zur Zeitenwende. Darin beantwortet Lendavi die Frage, warum es rechtspopulistischen Politikern von Jörg Haider bis Heinz-Christian Strache immer wieder gelingt, große Teile der österreichischen Wählerschaft für ihre Politik zu begeistern.

Vielgeprüftes Österreich

Als vielfach ausgezeichneter Journalist ging Lendvai jahrzehntelang im Bundeskanzleramt ein und aus und führte Hintergrundgespräche mit Politikern aller Parteien. Mit der Erfahrung seiner 93 Lebensjahre spannt der überzeugte Sozialdemokrat hier einen großen Bogen: von den Habsburgern über politische Schlüsselfiguren wie Bruno Kreisky oder Sebastian Kurz bis hin zur Ibiza-Affäre und Österreichs Haltung zu Russlands Überfall auf die Ukraine. Eine glasklare, detailreiche und gelegentlich überraschend humorvolle Analyse (nicht nur) für politisch Interessierte.

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Neue Stimmen: Zeitgenössische Literatur aus Österreich

Die aus Vorarlberg stammende Schriftstellerin Monika Helfer stand lange im Schatten ihres ebenfalls schreibenden, aber viel prominenteren Ehemanns Michael Köhlmeier, dessen aktueller Roman „Frankie“ im Januar 2023 erschienen ist. Das änderte sich 2020, als Helfers autobiografischer Familienroman „Die Bagage“ erschien und umgehend die Bestsellerlisten des Landes stürmte. Die Fortsetzung, „Vati“, schaffte es 2021 auf die Shortlist des Deutschen Buchpreises. Mit Löwenherz ist die heute 75-jährige Autorin in ihrer Generation angekommen.

Löwenherz

Held der Romanbiografie ist Monika Helfers sechs Jahre jüngerer Bruder Richard. Er wächst getrennt von Monika und ihren Schwestern bei einer Tante auf. Richard, ein Sonderling und Einzelgänger, driftet ziellos durchs Leben – bis seine Ex-Freundin Kitti ihre Tochter bei ihm unterbringt. Zwischen Richard und dem „Putzi“ genannten Kind entsteht eine Bindung, die beiden Halt gibt. Doch das Glück ist nicht von Dauer.

In Helfers individueller Familiengeschichte spiegelt sich die österreichische Gesellschaft – und auch in Deutschland kann eine große Leserschaft an Helfers Schilderungen anknüpfen. Es geht um Politik und Klassenunterschiede, um Außenseitertum und Schicksalsschläge und – natürlich – immer wieder um Familienbande. Das ist warmherzig und voller Lebenserfahrung und zugleich in einer uneitlen, knappen Sprache erzählt.

Die Inkommensurablen

Raphaela Edelbauer, geboren 1990 in Wien, gilt seit ihrem Debüt „Das flüssige Land“ als eine der spannendsten neuen Stimmen aus Österreich. Ihr aktueller Roman Die Inkommensurablen spielt am Vorabend des Ersten Weltkriegs – und zwar wortwörtlich. Es ist der letzte Abend vor der Mobilmachung und die Stadt versinkt in einem kriegsbesoffenen Taumel. In diesem Chaos trifft Bauernknecht Hans auf den Aristokratensohn Adam und die mysteriöse Mathe-Studentin Klara. Berauscht von Morphium und dem Bewusstsein, an einem Scheidepunkt der Geschichte zu stehen, tauchen die drei ins queere Nachtleben ein.

Raphaela Edelbauer schildert in einer raffinierten Montagetechnik 24 Stunden zwischen Traum, Rausch und Wirklichkeit. Neben der Beschreibung einer ekstatischen Nacht finden schlagfertige Dialoge sowie historische und mathematische Exkurse ihren Platz in diesem 360-Grad-Panorama Wiens. „Inkommensurabel“ sind in der Mathematik zwei Werte, die keinen gemeinsamen Teiler besitzen. Allgemein bedeutet es „nicht vergleichbar“ – und das trifft auch auf Edelbauers Roman zu. Ambitioniert, aufregend und kunstvoll.

Dunkelblum

Was in Dunkelblum geschah, bleibt in Dunkelblum – darauf haben sich die Bewohner der kleinen Gemeinde nah der ungarischen Grenze stillschweigend geeinigt. Doch 1989 graben aus der Hauptstadt angereiste Studenten auf einer Wiese ein Skelett aus. Ein merkwürdiger Gast taucht auf und kurz darauf verschwindet eine junge Dorfbewohnerin. Stück für Stück kommt heraus, dass die älteren Bewohner des Ortes ein grässliches Geheimnis hüten.

Die österreichische Schriftstellerin Eva Menasse thematisiert in fiktionalisierter Form das Massaker von Rechnitz im Jahr 1945. Zehn Tage, bevor die Rote Armee den Ort erreichte, wurden hier schätzungsweise 200 ungarisch-jüdische Zwangsarbeiter von den Teilnehmern eines Festes auf Schloss Rechnitz erschossen. Die genaue Zahl der Opfer ist unbekannt, da ihre Überreste bisher nicht gefunden wurden.

Menasse beschäftigt sich aber nicht mit dem Verbrechen an sich, sondern vielmehr mit dem jahrzehntelangen Verschweigen. Dazu porträtiert sie mit bitterbösem Scharfblick die archetypischen Einwohner des Ortes: von der Dorfgräfin über den Doktor bis zum Saufbold. Ein abgründiger Anti-Heimatroman.

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Publikumsbeschimpfung: Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg

Nach dem Zweiten Weltkrieg hatten österreichische Schriftsteller, die sich offen zum Nationalsozialismus bekannten, weiterhin großen Einfluss auf die Literatur und Politik des Landes. Der österreichische P.E.N.-Club, die älteste Schriftstellervereinigung des Landes, war sehr konservativ geprägt. Dem standen einzelne Schriftsteller gegenüber, die sich kritisch mit den NS-Verbrechen auseinandersetzen und ein Umdenken forderten. Dazu gehörten Ilse Aichinger, Peter Handke, Ingeborg Bachmann und Gerhard Fritsch sowie Elfriede Jelinek und Thomas Bernhard. Sie verarbeiteten in Romanen, Theaterstücken und Poesie die Mitschuld Österreichs an den Taten des NS-Regimes, die ein Großteil der Gesellschaft einfach leugnete.

Kriegstagebuch

Gerade einmal 18-jährig führt Ingeborg Bachmann von 1944 bis 1945 ihr Kriegstagebuch. Als sie den jüdisch-britischen Soldaten Jack Hamesh kennenlernt, verliebt sie sich. Und stürzt in eine tiefe Gewissenskrise: Als Tochter eines NSDAP-Mitglieds muss sie sich mit der Schuld der Täter auseinandersetzen. Bachmanns Tagebuch lässt euch in das Innenleben der hier noch ganz jungen Schriftstellerin blicken. Die Briefe zwischen ihr und Jack Hamesh geben euch außerdem erhellende Einblicke in die österreichische Nachkriegszeit.

Die Gruppe 47

Wie der Literatur-Nobelpreisträger Peter Handke war Ingeborg Bachmann später Teil der Gruppe 47. Diese Vereinigung von Nachkriegsliteraten positionierte sich gegen den österreichischen P.E.N.-Club. Anfangs bot die Gruppe noch unbekannten Autoren ein Forum, später wurde sie zu einer der einflussreichsten Institutionen des deutschsprachigen Kulturbetriebs. In einer spannenden Audiocollage aus Interviews und Mitschnitten der Lesungen erlebt ihr die Geschichte der Dichtervereinigung von ihren Anfängen bis zur Auflösung mit.

Holzfällen. Eine Erregung

In den 80er Jahren prägte neben der Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek vor allem Thomas Bernhard die österreichische Literatur. Wortgewaltig kritisierte er die versäumte Aufarbeitung der NS-Verbrechen in Österreich. Viele seiner Werke bestehen aus Monologen eines Ich-Erzählers, der in Schimpftiraden gegen das katholisch-nationalistische Österreich verfällt. Führende Politiker und Geistesgrößen des Landes fühlten sich in seinen Erzählungen parodiert und angegriffen. Deswegen lösten seine Veröffentlichungen und Theateraufführungen immer wieder Skandale aus. Die Vorwürfe reichten bis zu „Vaterlandsverräter“. Seine schwierige Kindheit verarbeitete Thomas Bernhard in fünf autobiografischen Büchern: Die Ursache, Der Keller, Der Atem, Die Kälte und Ein Kind.

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